Rede von Kommissionspräsidentin von der Leyen vor dem Europäischen Parlament.

JA – 09/2025

Am 10. September hat die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Europäischen Parlament in Straßburg ihre diesjährige Rede zur Lage der Union (SOTEU) gehalten. Dabei standen außenpolitische Themen im Vordergrund, insbesondere vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und der aktuellen Situation im Gazastreifen. Ein weiterer Schwerpunkt war die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union (EU), während die Sozial- und Gesundheitspolitik weniger Beachtung fand.

Wettbewerbsfähigkeit

Ein Schwerpunkt der Rede stellte die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der EU dar. Die Europäische Kommission werde in diesem Zusammenhang einen Fahrplan für die Fertigstellung des Binnenmarktes bis 2028 vorlegen, so von der Leyen. Dabei sollen Kapital, Dienstleistungen, Energie, Telekommunikation, das 28. Regime sowie Wissen und Innovation im Vordergrund stehen. Die Einführung eines 28. Regimes unterstütze dabei nicht nur innovative Unternehmen, sondern treibe auch die Spar- und Investitionsunion voran.

Sozialpolitik

Von der Leyen forderte in ihrer Rede zur Lage der Union eine ambitionierte europäische Strategie zur Armutsbekämpfung. Zentrale Elemente dieser Strategie seien die Europäische Garantie für Kinder sowie Initiativen zur Senkung der Lebenshaltungskosten. Um die Wohnungsnot zu bekämpfen, sollten EU-Vorschriften über staatliche Beihilfen reformiert und der Bau von bezahlbarem Wohnraum erleichtert werden. Des Weiteren kündigte von der Leyen einen Quality Jobs Act an. Die zuständige Kommissarin Roxana Mînzatu präzisierte später, dass der Rechtsakt faire Löhne und Arbeitsbedingungen unterstützen, hohe Gesundheits- und Sicherheitsstandards gewährleisten sowie Weiterbildung und faire Übergänge auf dem Arbeitsmarkt fördern solle.

Gesundheitspolitik

Europa müsse auch bei der globalen Gesundheitspolitik die Führung übernehmen, so von der Leyen. Der globale Fortschritt bei der Bekämpfung von Seuchen wie Masern oder Polio sei bedroht, eine weitere globale Gesundheitskrise stehe bevor. Vor diesem Hintergrund kündigte sie an, dass die EU bei einer neuer Global Health Resilience Initiative zur Stärkung der weltweiten Gesundheitsvorsorge vorangehen werde. Für sie stehe es außer Frage, dass Europa hierbei eine tragende Führungsrolle einnehmen müsse.

Europas digitale Zukunft

Mit Blick auf die Zukunft der EU betonte von der Leyen, wie wichtig es sei, massiv in digitale Technologien und Clean Tech zu investieren. Besonders künstliche Intelligenz (KI) spiele dabei eine Schlüsselrolle, indem sie für die Unabhängigkeit der Union sorge. KI werde in essenziellen Bereichen wie dem Gesundheitswesen und Verteidigung maßgeblich zur Stärkung Europas beitragen. Die EU konzentriere sich zunächst auf die wichtigsten Grundlagen – vom Rechtsakt zur Entwicklung von Cloud- und KI bis zu den Reallaboren für Quantentechnologie. Investitionen seien entscheidend, um Europas technologische und politische Souveränität zu sichern.

Handlungsfähigkeit der EU

Ein weiterer Appell galt der Handlungsfähigkeit der EU in Krisenzeiten. Die neu geschlossene Rahmenvereinbarung zwischen der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament werde die Zusammenarbeit beider Institutionen weiter stärken. Dies ermögliche notwendige Reformen. So unterstützte von der Leyen ein Initiativrecht für das Europäische Parlament und sprach sich dafür aus, in einigem Bereichen – zum Beispiel der Außenpolitik – zu qualifizierter Mehrheiten im Rat überzugehen. Eine Abkehr von der bisherigen Einstimmigkeit sei von Nöten. Die Fähigkeit zur raschen und effektiven Reaktion auf aktuelle Herausforderungen sei entscheidend für das Fortbestehen und die Relevanz der EU in der Welt.

Reaktion der Abgeordneten

Die Rede von der Leyens deckte ein breites Spektrum und damit die Themen der sie tragenden – und zunehmend gespaltenen – Plattform aus EVP, S&D und Liberalen ab. Dennoch waren die Reaktionen der Abgeordneten sehr unterschiedlich. Manfred Weber (EVP, DE) griff die S&D direkt an, die mit ihrer Kritik an den Omibussen und dem Zoll-Kompromiss mit den USA die europäische Agenda beschädigten. Iratxe García Pérez (S&D, ES) antwortete, dass – während sich von der Leyen um die Plattform bemühe – Weber selbst das Problem für die Zusammenarbeit sei. Valérie Hayer (Renew, FR) bezeichnete das Schauspiel im Anschluss als lächerlich und mahnte, dass die proeuropäischen Kräfte zusammenhalten müssten.