iStock / metamorworksEHDS-Umsetzung in Deutschland
Forschungsdatenzentrum für Gesundheit startet mit erweiterten Aufgaben.
LB – 10/2025
Am 9. Oktober hat das Forschungsdatenzentrum Gesundheit (FDZ Gesundheit)
offiziell seinen Betrieb in neuer Form aufgenommen. Zentraler Bestandteil der
Neuausrichtung ist der erleichterte Zugang zu Routinedaten der gesetzlichen
Krankenversicherung. Damit schafft Deutschland die Voraussetzungen, um
Gesundheitsdaten sicher und effizient für Forschung, Versorgung und Politik
nutzbar zu machen – ein zentraler Baustein für die Umsetzung des Europäischen
Gesundheitsdatenraums (EHDS).
EHDS als Antrieb
Das FDZ Gesundheit ist ein Resultat des EHDS. Mit den im März 2025 in
Kraft getretenen EHDS-Regelungen möchte die EU den grenzüberschreitenden
Austausch von Gesundheitsdaten erleichtern und fördern. Dabei steht neben der verbesserten
Primärdatennutzung – also dem Zugriff auf elektronische Gesundheitsdaten für
die Gesundheitsversorgung – insbesondere die Sekundärdatennutzung im Fokus. Diese
umfasst die Verwendung elektronischer Gesundheitsdaten für Forschung,
Innovation, öffentliche Gesundheit und politische Entscheidungsfindung.
Deutschland treibt die Umsetzung des EHDS damit bereits frühzeitig und aktiv
voran – sowohl bei der Primär- als auch bei der Sekundärdatennutzung. Mit dem
Gesundheitsdatennutzungsgesetz vom 26. März 2024 wurde hierfür der Grundstein gelegt
und ein wichtiger Rahmen für die Weiterverwendung von Gesundheitsdaten geschaffen.
Das Forschungsdatenzentrum Gesundheit
Im Rahmen der Neuausrichtung wurde das beim Bundesinstitut für
Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) angesiedelte FDZ Gesundheit deutlich
weiterentwickelt, sodass es nun zusätzliche Aufgaben im Bereich der
Gesundheitsdatennutzung übernimmt. Im Fokus steht dabei unter anderem die spätere
Anbindung an den EHDS. Anträge auf die Nutzung von Gesundheitsdaten können nun beim
FDZ Gesundheit gestellt werden.
Kernstück der Neuausrichtung ist der verbesserte Zugang zu Routinedaten
der gesetzlichen Krankenversicherung. Der GKV-Spitzenverband stellt dem FDZ
Gesundheit pseudonymisierte Abrechnungsdaten aller gesetzlichen Krankenkassen
zur Verfügung. Diese enthalten unter anderem Informationen zu Diagnosen,
verordneten Arzneimitteln und stationären Aufenthalten. Perspektivisch sollen
auch Daten aus den elektronischen Patientenakten (ePA) in das System
einfließen. So entsteht eine zentrale, datenschutzkonforme Infrastruktur für
wissenschaftliche Auswertungen mit großem Potenzial für Versorgung und
Forschung.
Parallel dazu wurden mehrere rechtliche und organisatorische Anpassungen
vorgenommen: Der Kreis der antragsberechtigten Institutionen sowie die zulässigen
Nutzungszwecke wurden deutlich erweitert. Damit können künftig deutlich mehr Forschende
– einschließlich Vertreterinnen und Vertreter der Industrie – Zugang zu Gesundheitsdaten
beantragen. Voraussetzung ist, dass die Forschung der Verbesserung der
Gesundheitsversorgung dient.
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen hat das Bundesministerium für
Gesundheit (BMG) mit der „Verordnung über das Forschungsdatenzentrum Gesundheit“
vom 29. Januar 2025 präzisiert. Diese regelt unter anderem den Datenumfang, das
Antragsverfahren, die Datenbereitstellung sowie die damit verbundenen Kosten.
Datenschutz hat oberste Priorität
Besonderes Augenmerk liegt auf dem
Schutz sensibler Gesundheitsdaten. Diese werden nicht an Forschende
„herausgegeben“, sondern nur in geschützten, zugangskontrollierten
Analyseräumen zur Verfügung gestellt, einer sogenannten sicheren Verarbeitungsumgebung.
Die Einsicht erfolgt nur nach genehmigtem Antrag. Forschende können nur auf
anonymisierte oder pseudonymisierte Datensätze zugreifen, ohne die Daten selbst
zu erhalten. Ein Rückschluss auf einzelne Personen ist zu keiner Zeit möglich.
Das FDZ Gesundheit folgt dem Prinzip der Datensparsamkeit: Forschende bekommen
nur die Daten, die sie zur Beantwortung ihrer präzisen Fragestellung benötigen.
Nur die Endergebnisse verlassen die sichere Verarbeitungsumgebung.
Alle genehmigten Forschungsvorhaben werden zudem in einem öffentlich
einsehbaren Antragsregister dokumentiert.
Datenzugangs- und Koordinierungsstelle für Gesundheitsdaten
Auch die europäische Anbindung
wird derzeit vorbereitet: Die im Aufbau befindliche Datenzugangs- und
Koordinierungsstelle für Gesundheitsdaten (DACO) ist eng mit dem Arbeitsbereich
des FDZ Gesundheit verknüpft. Sie wird ebenfalls beim BfArM angesiedelt und
soll zukünftig als nationale Zugangs- und Koordinierungsstelle für den EHDS fungieren.
Über die DACO sollen Anträge für die Sekundärdatennutzung von Gesundheitsdaten aus
dem EU-Ausland entgegengenommen und koordiniert werden. Damit wird die DACO zur
zentralen Schnittstelle in Deutschland und zugleich zum technischen Knotenpunkt
im europäischen Netzwerk für die Sekundärdatennutzung (HealthData@EU).
Fundament für datenbasierte Versorgung
Mit der Betriebsaufnahme des FDZ
Gesundheit ist ein erster, wichtiger Meilenstein für den elektronischen Austausch
von Gesundheitsdaten erreicht. Deutschland leistet damit einen wesentlichen
Beitrag zur datengestützten Weiterentwicklung der Gesundheitssysteme und
Versorgung – sowohl national als auch auf europäischer Ebene. Davon profitieren
Patientinnen und Patienten, Krankenkassen, Forschende und letztlich die
Gesundheitsversorgung in ganz Europa.