Magazine ed*
ed* Nr. 03/2017

Editorial

ed* Nr. 03/2017 – Kapitel 1

Liebe Leserinnen und Leser,

im Handel mit Gütern geht nichts ohne Normen und Standards. Das hat auch ­seinen Grund: Eine wichtige Voraussetzung für den grenzüberschreitenden Warenverkehr ist der Abbau von technischen Handelshemmnissen. Als „technische Spezifikationen“ legen sie das Qualitätsniveau des Produktes fest und sie können normative Vorgaben zu ­dessen Eignung, im Interesse der Sicherheit des Kunden oder Dritter, enthalten.  

 

Auch im Gesundheitsbereich können Normen sinnvoll sein, etwa dort, wo sie die Sicherheit von Produkten, die im Gesundheitswesen eingesetzt werden, ­unterstützen. Denn dies trägt maßgeblich zur Sicherheit der Patientinnen und ­Patienten bei. Aber auch für die Sicherheit und Gesundheit bei der Anwendung durch ärztliches und ­pflegerisches Personal sind sie von großer Bedeutung. 

 

Was bei Produkten als sinnvoll erachtet werden kann, lässt sich jedoch nicht ohne ­Weiteres auf andere Bereiche übertragen. So ist die Normung über Normungs­organisationen wie CEN und ISO bei der medizinischen Behandlung ­vollkommen ungeeignet. Sie würde den Spielraum für individuelle, bedarfsorientierte Leistungs­­ansätze un­nötig einengen. Auch bestünde hier die Gefahr der Entwicklung paralleler Gestaltungs­strukturen, die letztlich zu Rechtsunsicherheit und einem Unterlaufen nationaler gesetzlicher Vorgaben führen können. 

 

Die deutsche Sozialversicherung hat deswegen in den vergangenen Jahren ­nach­drücklich auf diesen Konflikt aufmerksam gemacht. Dies ist gewiss auch keine Einzel­position. Zahlreiche Interessenverbände im deutschen Gesundheitswesen, das Minis­terium für Gesundheit und auch das Deutsche Institut für Normung (DIN) lehnen eine Normung der medizinischen Behandlung ab. Auch die europäischen Verbände der Gesundheitswirtschaft und Sozialversicherung stehen geschlossen dahinter.  

 

Die geschäftsorientierte Standardisierungsindustrie scheint sich davon bis heute nicht beeindrucken zu lassen. Nach Überzeugung privater Unternehmen ist der Kernbereich der Gesundheitsdienstleistung ein großer, attraktiver und bisher nicht erschlossener Markt. Sie werden deswegen nicht müde, Anträge zur Entwicklung europäischer ­Normen über nationale Normungsinstitute beim Europäischen Komitee für Normung (CEN) einzureichen. Welche Probleme dabei entstehen, zeigen die ersten Ergebnisse der Normen im Bereich Homöopathie und ästhetische Chirurgie.  

 

In unserer aktuellen Ausgabe des Themenletters ed* möchten wir Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, die Aktivitäten und den Status quo der Bestrebungen, europäische Normen und Standards im Gesundheitsbereich zu entwickeln, näherbringen.  

 

Wir wünschen Ihnen viel Freude bei der Lektüre! 

 

Ihre Ilka Wölfle