Eine europäische Sozialversicherungsnummer könnte Vorteile mit sich bringen, wenn sie zusätzlich zu den nationalen Versicherungsnummern vergeben wird.

SK – 01/2018

Die Europäische Kommission spricht sich für eine einheitliche europäische Sozialversicherungsnummer (ESSN) aus. Sie könne die Mobilität von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern innerhalb der EU erleichtern und sei notwendig, um in die digitale Welt einzusteigen.  

 

Wenn es jedoch um die Frage der Ausgestaltung und Umsetzung geht, sind auch in Brüssel noch nicht alle Fragen geklärt. Die Europäische Kommission hat deswegen bis Anfang Januar die Öffentlichkeit zu verschiedenen Optionen befragt. Denkbar sei, so die Kommission, eine europäische Sozialversicherungsnummer ähnlich wie den IBAN-Code für Banküberweisungen zu konstruieren. Aber auch andere Optionen hat sie zur Diskussion gestellt (siehe hierzu den Beitrag aus 12/2017).  

Position der deutschen Sozialversicherung

Nach Auffassung der Spitzenorganisationen der deutschen Sozialversicherung könnte eine ESSN Vorteile mit sich bringen, wenn sie zusätzlich zu den nationalen Versicherungsnummern vergeben wird. Sie hätte das Potential, die Digitalisierung der Verwaltungsprozesse oder die Kommunikation der beteiligten Behörden der Mitgliedstaaten zu vereinfachen und sicherer zu machen. 

 

Allerdings setzt die Einführung eines einheitlichen europäischen Ordnungsmerkmals, welches ergänzend zu den nationalen Versichertennummern implementiert werden könnte, voraus, dass ein Zugriff auf die hinterlegten Daten/Sozialdaten der verschiedenen Zweige der sozialen Sicherheit (in Deutschland Renten-, Kranken-, Pflege- und Unfallversicherung, Arbeitslosenverwaltung, Grundsicherungsämter) sowie ggf. Daten der Steuerverwaltung rechtlich möglich ist. Ein Zugriff auf gespeicherte Daten mehrerer bzw. aller deutschen Sozialleistungsträger über eine Versichertennummer ist mit der derzeit bestehenden Rechtslage nicht vereinbar. Hier müsste also zunächst eine Lösung geschaffen werden. 

 

Eine einheitliche europäische Sozialversicherungsnummer könnte außerdem Vorteile bei der Identifizierung und Registrierung von Personen haben. Unterschiedliche Namensschreibweisen und nicht aktuell erfasste Personalien erschweren es derzeit, Personen im Datenbestand der Verwaltungen auf nationaler und mitgliedstaatlicher Ebene zu identifizieren. So dokumentiert die Europäische Krankenversicherungskarte (EHIC) schon heute bei der ausstellenden Behörde erfasste Personalien des Karteninhabers und kann so die Identifizierung für bestimmte Zweige der Sozialversicherung erleichtern. Die ESSN als einheitliches systemübergreifendes Ordnungsmerkmal in allen Mitgliedstaaten könnte Schwierigkeiten jedoch auf breiterer Ebene - bei entsprechender Ausgestaltung - reduzieren. Dies würde auch zu Vorteilen beim künftigen elektronischen Datenaustausch im Rahmen von EESSI führen.  

 

Eine europäische Versicherungsnummer hätte zudem den Vorteil, dass eine einfachere Zuordnung von Versicherten bei der Ermittlung von Versicherungszeiten aus verschiedenen Mitgliedstaaten im Rahmen der Prüfung von Ansprüchen auf Sozialleistungen möglich wäre. Ferner würde sie den Leistungsmissbrauch beim Bezug von Sozialleistungen erschweren. Versicherungsträger könnten leichter feststellen, welchem Recht Beschäftigte aus anderen Mitgliedstaaten unterliegen. 

 

Der Erfolg der ESSN hängt nach Auffassung der deutschen Sozialversicherung jedoch von ihrer Ausgestaltung ab. Dabei kommt es insbesondere auf die Gewährleistung einer eindeutigen Identifikation der Person an. Die alleinige Vergabe und Vorlage einer europaweiten Sozialversicherungsnummer kann dies nicht leisten. 

Wer soll von der Nummer erfasst werden?

Nicht nur EU-Bürgerinnen und Bürger, sondern auch Drittstaatsangehörige innerhalb der EU sollten nach Auffassung der deutschen Sozialversicherung erfasst werden. So z.B. ein Japaner, der in Frankreich eine Beschäftigung aufnehmen möchte oder in Deutschland seinen Hauptwohnsitz hat und die Aufnahme in die gesetzliche Krankenversicherung beantragt. Insofern sollte nicht die Nationalität, sondern der mehr als vorübergehende Aufenthalt innerhalb des Geltungsbereichs ausschlaggebend für die Vergabe einer ESSN sein. 

Wie geht es weiter?

Mit der öffentlichen Konsultation hat die Europäische Kommission allen Interessierten die Möglichkeit gegeben, sich zu den verschiedenen Optionen zu äußern. Nationale Besonderheiten und Rahmenbedingungen können so miteinander verglichen werden. Die eingegangenen Stellungnahmen und Antworten werden nun von der Brüsseler Behörde ausgewertet und in die Erarbeitung einer für den 7. März 2018 angekündigten entsprechenden europäischen Initiative einfließen.