Zukunftsorientierte Diskussion zum Thema: „Von Bismarck zu Bytes - Sozialversicherung im digitalen Wandel“

DSV – 03/2018

Was für ein Jubiläum! Rund 200 Gäste aus der nationalen und europäischen Politik, des Gesundheits- und Sozialwesens und der Selbstverwaltung waren der Einladung gefolgt, um am 7. März 2018 gemeinsam mit den Spitzenorganisationen der deutschen Sozialversicherung in Brüssel zu feiern. 

Fachkonferenz: Sozialversicherung im digitalen Wandel

Die Jubiläumsveranstaltung begann mit einer Fachkonferenz zum Thema „Von Bismarck zu Bytes: Sozialversicherung im digitalen Wandel“ in der Vertretung des Freistaates Bayern bei der Europäischen Union. 

Im Rahmen des Auftakts würdigte die bayerische Staatsministerin für Arbeit und Soziales, Familie und Integration, Emilia Müller, die großen Leistungen der Sozialversicherung in Deutschland. Sie unterstrich, dass die Digitalisierung zu einer der größten Herausforderungen zähle und verwies darauf, dass die Politik, Sozialpartner und die Sozialversicherung gefordert seien, „die Chancen der Digitalisierung mit Sensibilität für ihre Risiken zu nutzen“. 

 

Die Direktorin der Europavertretung der Deutschen Sozialversicherung, Ilka Wölfle, ließ die Arbeit des Verbindungsbüros am Beispiel verschiedener europäischer Initiativen, Gesetze und Projekte Revue passieren. Nach einer Rückschau auf die letzten 25 Jahre warf sie einen Blick auf die aktuellen Herausforderungen. Beispielhaft für die mit der Digitalisierung einhergehenden Veränderungsprozesse seien etwa die Frage der sozialen Absicherung aller Erwerbstätigen und die Digitalisierung im Gesundheitswesen. 

Sozialer Schutz für alle Arbeitsformen

Den ersten Teil der fachlichen Diskussion über Anpassung der sozialen Sicherungssysteme an neue Formen der Arbeit eröffnete Frau Manuela Geleng, Direktorin für soziale Angelegenheiten bei der Europäische Kommission. In ihrem Impulsvortrag zum Thema „Zugang zur sozialen Sicherheit für alle Arbeitnehmer und Selbständige“ spannte sie den Bogen zwischen der Verantwortung der Mitgliedstaaten, die Systeme der sozialen Sicherung zukunftsfest zu machen und möglicher unterstützender Maßnahmen der europäischen Ebene.  

 

In der anschließenden Podiumsdiskussion diskutierten Emilia Müller, Gundula Roßbach, Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung Bund, Dr. Sangheon Lee, Direktor der Hauptabteilung Beschäftigungspolitik bei der Internationalen Arbeitsorganisation und Dr. Joachim Breuer, Präsident der Internationalen Vereinigung für Soziale Sicherheit, darüber, wie möglichst alle Erwerbstätigen von einem angemessenen sozialen Schutz profitieren können. Auch die mit der Digitalisierung und der Veränderung der Arbeitswelt einhergehenden Herausforderungen für eine wirksame Präventionsarbeit waren ein Thema. 

Digitalisierung im Gesundheitswesen ist Top-Priorität

In den zweiten Teil der Fachkonferenz zu den Digitalisierungsprozessen im Gesundheitswesen führte die bayerische Staatsministerin für Gesundheit und Pflege, Melanie Huml, ein. Sie plädierte dafür, die „Digitalisierung im Gesundheitswesen europaweit voranzutreiben“ und verwies beispielhaft auf den Vorteil, Patientendaten grenzüberschreitend auf elektronischem Weg zu übermitteln, wenn die Behandlung im Ausland durchgeführt wird. 

 

Andrzej Rys, Direktor für Gesundheitssysteme, medizinische Produkte und Innovationen bei der Europäischen Kommission, gab in seinem Impulsvortrag einen Überblick über die Aktivitäten der Europäischen Kommission. Er unterstrich, dass die Digitalisierung des Gesundheitswesens zu den Top-Prioritäten der Europäischen Kommission zähle. „Zahlreiche Mitgliedstaaten haben bereits Fortschritte bei der Einführung interoperabler digitaler Gesundheitssysteme gemacht. Es gibt aber nach wie vor rechtliche, organisatorische und technische Probleme, die einen effektiven grenzüberschreitenden Austausch von Gesundheitsdaten erschweren“, mahnte Rys an.  

 

In der anschließenden Podiumsdiskussion diskutierten Melanie Huml, Dr. Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Karin Kadenbach, Mitglied des Europäischen Parlaments und Dr. Michael Meyer, Leiter Strategie und Regierungsbeziehungen, Siemens Healthcare, über die Chancen und den europäischen Mehrwert der Digitalisierung in der Versorgung und die Frage, wie auch die Versicherten, Patientinnen und Patienten davon profitieren können. 

Schlussbemerkungen

Zum Abschluss der Fachkonferenz hob Ilka Wölfle hervor, dass negative Entwicklungen der Digitalisierung der Arbeitswelt wie das Entstehen von Lücken in der sozialen Absicherung angemessen aufgefangen werden müssten. Hier stünden insbesondere die Mitgliedstaaten in der Verantwortung. Positive Entwicklungen durch die Digitalisierung, wie sie beispielsweise in der gesundheitlichen Versorgung, in der Kommunikation mit den Versicherten oder der Verwaltung stattfinden, gelte es für den Sozialschutz nutzbar zu machen. 

Abendempfang in der Bibliothèque Solvay

Im Anschluss an die Fachkonferenz waren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu einem feierlichen Abendempfang in die Bibliothèque Solvay geladen. Frau Dr. Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, begrüßte die Gäste, darunter Abgeordnete des Europäischen Parlaments, Vertreter der EU-Kommission und aus der nationalen Politik sowie Kolleginnen und Kollegen aus den deutschen und europäischen Interessenverbänden. 

 

Als Gastredner sprachen Günther H. Oettinger, EU-Kommissar für Haushalt und Personal bei der Europäischen Kommission sowie Botschafter Dr. Peter Rösgen von der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der EU. 

 

Oettinger würdigte in seiner Ansprache die Arbeit der Europavertretung der Deutschen Sozialversicherung. Er verwies auf die mit der Globalisierung, Automatisierung und Digitalisierung einhergehenden Veränderungen. „Diese müssen gestaltet werden, da jeder Erwerbstätige in dieser Arbeitswelt eine persönliche Perspektive für die Zukunft sehen können muss. Die Sozialversicherung ist ein wichtiger Faktor für die Akzeptanz dieser Veränderungen.“ 

 

Auch Dr. Rösgen würdigte die Arbeit der Europavertretung als Bindeglied der Sozialversicherung in Deutschland und der europäischen Politik. Vor 25 Jahren sei es weitsichtig und mutig gewesen, die Relevanz der Europapolitik für die Sozialversicherung zu erkennen und eine Europavertretung aufzubauen.  

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