Künftig sollen alle bedürftigen Menschen vom spanischen Gesundheitsdienst SNS kostenlos behandelt werden.

GD – 08/2018

Die erst seit kurzem im Amt befindliche neue spanische Minderheitsregierung unter Ministerpräsident Pedro Sanchez regiert im Parlament mit einer fallweise zusammenzubringenden Unterstützung von sieben (!) Parteien, darunter befinden sich auch zwei katalanische Separatistenparteien und das – nach eigener Bezeichnung linksradikale – Bündnis „Unidos Podemos“. 

Ein Gesetzgebungsvorhaben betrifft die Gratisversorgung Nichtversicherter, d.h. eine Erweiterung des Kreises der geschützten Personen – sei dies durch Steuerzahlung, Sozialhilfeempfängerstatus oder Versicherungsbeitrag. Wie Medien melden, habe die spanische Regierung unlängst beschlossen, grundsätzlich alle Bedürftigen – besonders sich illegal in Spanien aufhaltende Personen – im Rahmen der Leistungen und Möglichkeiten des spanischen Gesundheitswesens SNS in den 17 dafür zuständigen Regionen zu behandeln. 

Die spanische Gesundheitsministerin Carmen Montón erwartet davon nach eigenen Aussagen keine zusätzliche Kostenbelastung, weil ein „rechtzeitiger Behandlungsbeginn im Bereich der hausärztlichen oder poliklinischen Primärversorgung Krankheitsverläufe verhindern würde, die andernfalls viel Geld kosten würden.“ Die „Zahler am Gesundheitsmarkt“ würden die Kosten für die Versorgung von Migranten ohne Aufenthaltsstatus übernehmen.  

 

Kritiker sehen in diesem Gesetz eine weitere schwerwiegende Belastung des finanziell überaus angespannten spanischen sozialen Gesundheitswesens. Grundsätzlich bestehe zwar schon lange ein direkter verfassungsrechtlicher Anspruch auf Gesundheitsversorgung, auch ohne Voraberfüllung von Steuerzahlungen oder – in einzelnen Regionen – Versicherungsbeiträgen (Artikel 43 der spanischen Verfassung). 

Die örtlichen Sanitätszentren, es handelt sich hier um Polikliniken in vorwiegend kommunaler oder regionaler Trägerschaft mit einem Versorgungsauftrag für die örtlich eingeschriebene Bevölkerung, klagen schon heute über schwerwiegende Unterfinanzierung und wachsende Qualitätsgefälle zwischen den verschiedenen Regionen des Landes. 

 

Andere Beobachter verweisen auf die neue großzügige Einreisepolitik für Migranten aus Afrika, die nunmehr, nach der weitgehenden Schließung des Zugangs nach Italien, verstärkt nach Spanien streben würden. Die Kostenanalyse der Ministerin stößt daher vielerorts auf massive Zweifel. Ihre Aussagen entsprechen jedoch einem langgehegten Wunsch der Unidos Podemos Bewegung. 

Angesichts von latentem Personalabbau in vielen spanischen Einrichtungen infolge von örtlichen finanziellen Schwierigkeiten, langen Wartelisten auf fachärztliche Behandlung und dem auf verschiedenen internationalen Zusammentreffen wiederholt geäußerten Wunsch nach einer bedingten „europäischen Lösung“ für Finanzprobleme in der sozialen Gesundheitsversorgung, d.h. einer möglichen Abmilderung von Einsparzwängen oder Eröffnung zusätzlicher Verschuldungsspielräume aus sozialen Gründen, sollte man die künftigen Entwicklungen in Spanien auch aus deutscher Sicht eingehend auf ihre Folgen hin beobachten.