Das schwedische Gesundheitssystem hat sich dazu verpflichtet, Nicht-Notfallpatienten binnen 90 Tagen eine Facharzt-Erstbehandlung zu ermöglichen.

GD – 08/2018

In Schweden liegt die Gesundheitsversorgung in der Verantwortung der „Provinzen“ (Län). Diese verfügen über eine Steuerhoheit zur Finanzierung und müssen die erforderlichen Organisationsleistungen erbringen. Unter dem Begriff der „Behandlungsgarantie“ (vardgarantie) wurde vor einigen Jahren eine Selbstverpflichtung des Systems zusammengefasst, die einen fachärztlichen Erstkontakt für Nicht-Notfallpatienten binnen 90 Tagen gewährleisten sollte. Entsprechendes galt und gilt für die als Folge eines solchen Facharztkontaktes eventuell notwendige Folgebehandlung oder Operation. 

Zu den Schlüsselproblemen zählt ein akuter Personalmangel auf allen Ebenen. Gerade im Sommer – in Skandinavien ist der Sommerurlaub nahezu ein Recht – verschärft sich daher die Situation, dass die maximale Wartezeit oft nicht eingehalten werden kann. In sehr speziellen fachärztlichen Sparten zeigen sich auch starke Unterschiede zwischen den einzelnen Provinzen.  

 

So hat (nach Medienberichten) das Län „Västernorrland“ im Bereich der kritischen Kinder- und Jugendpsychiatrie seit geraumer Zeit mit Abstand die längsten Wartefristen auf einen fachärztlichen Erstkontakt, geschweige denn auf etwa erforderliche kontinuierliche Behandlung. Lediglich 49 Prozent der wartenden Patienten konnte innerhalb der vardgarantie von 90 Tagen einen Facharzt kontaktieren. 

Etliche Fachleute bewerten die seinerzeit „politisch“ geschaffene Versorgungsgarantie als organisations- und ablauftechnisch „weltfremd“ und „realitätsfern“. Es werde beim Volk der Eindruck erweckt, eine „gesetzliche Garantie“ wäre bereits die Lösung des bestehenden strukturellen Problems. 

Seit Jahren beklagen z.B. Ärzte, die als Kommunalangestellte arbeiten, dass der medizinische Sachverstand bei der Bewertung und Analyse der örtlich gegebenen Probleme nicht hinreichend berücksichtigt würde. Stattdessen werde das System von Politikern auf kommunalem oder „Läns-Niveau“ dominiert, die eher bestrebt seien, Probleme „umzuschichten“, bzw. schlichtweg zu leugnen. Entsprechend hoch sei der Schwierigkeitsgrad der Bevölkerung, für sich im Krankheitsfall eine ausreichende und zweckmäßige Versorgung zu bekommen, meinen diese Ärzte.