Gastkommentar zum Aufbau eines europäischen Rentennachvollziehungsdienstes (ETS).

von/by Claudia Wegner-Wahnschaffe, Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder/Pension Institution of the Federal Republic and Länder (VBL) – 11/2018

Angesichts der Alterspyramide und der Frage nach der Auskömmlichkeit der zu erwartenden Rente wird es für Arbeitnehmer immer wichtiger, sich über die Altersvorsorge zu informieren und einen Überblick über ihre individuellen Gesamtrentenansprüche zu verschaffen. Das ist für viele eine große Herausforderung, da das Thema komplex ist und die Renteninformationen oft Fachbegriffe enthalten und nicht einfach zu verstehen sind.

Besonders schwierig ist die Situation allerdings für mobile Arbeitnehmer, die ihre Rentenansprüche in verschiedenen Ländern erworben haben. Ihnen fällt es erst recht schwer, allein den Überblick über bestehende Ansprüche zu behalten – von Einschätzungen der Situation im Alter gar nicht zu reden. Ganz besonders betroffen sind davon Forscherinnen und Forscher, da sie sehr häufig in Zeitverträgen unter drei Jahren arbeiten und dann die Forschungseinrichtung wechseln.


Seit vielen Jahren unterstützt die FindyourPension-Initiative diese Berufsgruppe mit einem umfangreichen Informationsangebot und der Möglichkeit, die eigene Rentenbiografie auf der Webseite findyoupension.eu unter „MyTrack“ zu speichern. Das Projekt der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) wird seit 2011 vom Deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert und von vielen Altersvorsorgeeinrichtungen und Anbietern in Europa unterstützt.

Das Feedback der mobilen Nutzer ist durchweg positiv. Bei den regelmäßig vom Projektteam in Zusammenarbeit mit Mitarbeitern der DRV Knappschaft Bahn/See durchgeführten Beratungstagen an Forschungseinrichtungen sind bereits ca. 1.800 Forschende u.a. mit Hilfe der Webseite zum Thema geschult worden. Aus dieser unmittelbaren Evaluierung konnte aber auch Verbesserungspotential identifiziert werden: So ist die FindyourPension-Webseite gerade überarbeitet und im Oktober mit einem neuen Look online gegangen. Die Oberfläche wurde benutzerfreundlicher gestaltet und die Suchfunktion erweitert, sodass direkt nach Ländern und Renteneinrichtungen gefiltert werden kann, ohne dass zunächst der Arbeitgeber eingegeben werden muss.


Eine Zielgruppe muss jetzt nur noch ausgewählt werden, wenn dies für das Zuordnen der zuständigen Renteneinrichtung entsprechend des Arbeitsstatus des Berechtigten oder anderer Nutzermerkmale erforderlich ist. Um den Bekanntheitskreis zu erweitern und möglichst viele weitere Nutzer zu erreichen, ist FindyourPension seit November diesen Jahres auch auf Twitter vertreten:  https://twitter.com/FindyourPension.

Die verschiedenen Nutzerperspektiven

Gegenstand der modifizierten Darstellung ist auch die Einführung eines nutzergerecht und verständlich aufbereiteten Basislayers. Während sich die erste Perspektive an Nutzer richtet, die wenige Vorkenntnisse im Bereich der Altersvorsorge haben und auf einen Blick alle relevanten Informationen erfassen wollen, können die Nutzer, die ihre Kenntnisse vertiefen wollen, dies auf der zweiten detaillierteren Darstellungsebene, den so genannten Pension ABCs, tun. Diese sind in FAQ-Form gegliedert und beinhalten drei verschiedene Lebenssituationen. Während die zweite Perspektive fast vollständig vorhanden ist, wird die erste momentan erstellt und schrittweise auf der Webseite veröffentlicht.

FindyourPension Icons

Nach dem Vorbild der üblichen Informationsstandards für Produkte werden im Rahmen des Basic Layers Icons eingesetzt, um die Inhalte übersichtlich und verständlich darzustellen. Durch sie sollen die gesuchten Informationen schnell auffindbar, einfach zuordenbar und vergleichbar sein. Die Icons repräsentieren nur die Schlüsselfragen bzw. –Informationen der gelisteten Rentensysteme.

Für alle mobilen Arbeitnehmer in Europa

In den vergangenen Jahren ist ein Netzwerk aus über 50 Rentenanbietern und –Einrichtungen entstanden. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit sind auch enge Kontakte zu einigen nationalen Rentennachvollziehungsdiensten und den Mitgliedern des ehemaligen TTYPE-Projektes entstanden, das die Machbarkeit eines europäischen Rententracking Services (ETS) untersucht und bejaht hatte. Fast immer, wenn wir die FYP-Webseite präsentiert haben, wurden wir gefragt, warum sie auf mobile Forschende reduziert sei.


Nach zwei Jahren intensiver Zusammenarbeit mit einigen der TTYPE-Teilnehmer und vier weiteren namhaften Partnern haben wir in diesem Jahr erfolgreich einen gemeinsamen Projektvorschlag im Rahmen des EU-Programms für Beschäftigung und soziale Innovation (EaSI), Unterarbeitsprogramm Progress (Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen zur sozialen Innovation und zu nationalen Reformen) eingereicht.

Danach soll auf Basis der TTYPE-Ergebnisse und der bestehenden FindyourPension- Initiative und -Webseite mit dem Aufbau eines ETS begonnen werden. In der dreijährigen Projektlaufzeit soll ein Pilot erstellt und eine Trägerorganisation gegründet werden. Teilnehmer sind neben der VBL und dem europäischen Verband AEIP der belgische Federale Pensioensdienst (SFPD) und Sigedis, die niederländischen Partner PGGM und APG (große Anbieter im Umfeld der betrieblichen Altersvorsorge) sowie die schwedische Pensionsmyndigheten (1. Säule) und der Tracking Service Minpension.se.

Um eine säulenübergreifende Renteninformation für mobile Arbeitnehmer in Europa zu ermöglichen, ist eine Zusammenarbeit aller Rentenquellen und -Säulen gefragt. Berechtigte unterscheiden bekanntlich eher wenig bis gar nicht zwischen den verschiedenen Säulen. Sie möchten wissen, welche Ansprüche sie bereits erworben haben und was sie in etwa für ihre spätere Ruhestandsphase erwarten können. Für sie wäre es eine unglaubliche Erleichterung, dies von einer Adresse zu erfahren und nicht die einzelnen Ansprüche nach Ländern und Säulen selbst mühsam recherchieren zu müssen.


Die grenzüberschreitende Erkennung und Authentifizierung der Nutzer wird in den nächsten Jahren durch die Interoperabilität der eIDs schrittweise möglich werden. Gleichzeitig wird der Single Digital Gateway den Zugang zu individuellen online-Informationen auch im Bereich der staatlichen Rentensysteme erforderlich machen. Diese Entwicklungen werden auch eine säulenübergreifende Nachvollziehung und Renteninformation für mobile Beschäftgte im Rahmen des ETS erleichtern. Davon würden nicht nur die europäische Rentenplattform, sondern auch die nationalen Angebote und Versorgungsträger profitieren.

Über die VBL

Die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) ist die größte Zusatzversorgungseinrichtung Deutschlands. Seit über 85 Jahren vertrauen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes der VBL die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung ihrer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an. Aktuell leistet die VBL an rund 1,3 Millionen Rentnerinnen und Rentner monatliche Betriebsrenten. Die Pflichtversicherung, die VBLklassik, nehmen rund 4,4 Millionen Versicherte in Anspruch. Zusätzlich zu dieser Basisversicherung bietet die VBL eine Rentenversicherung in Anlehnung an die VBLklassik an, die VBLextra. Damit können Versicherte durch eigene Beiträge ihren Lebensstandard im Alter noch besser absichern.