
„Es lebe Europa – Vive l’Europe – Long live Europe“: Besetzung der EU-Top Jobs abgeschlossen
Deutsch-Französische Achse auf europäischer Ebene inhaltlich komplex, aber stabil.
IF – 07/2019
Schon
beim letzten Treffen der Staats- und Regierungschefs Mitte Juni half auch keine
durchverhandelte Nacht, um die deklarierten Spitzenkandidaten im
Europawahlkampf Manfred Weber (EVP) oder Frans Timmermans (S&D) zum neuen
Kommissionpräsidenten zu nominieren. Besonders der französische Präsident Macron
wollte Weber verhindern, seine Verbündeten waren die Benelux-Länder,
Spanien und Portugal.
Gegen
Timmermans sprachen sich vor allem die osteuropäischen Mitgliedstaaten aus, denn
der Sozialdemokrat hatte in der Vergangenheit die politische Situation in den osteuropäischen
Ländern offen angeprangert. Somit konnten sich die Staats- und Regierungschefs
weder auf die beiden Spitzenkandidaten noch auf die zeitweise kurz gehandelte Liberale
Kommissarin Vestager einigen.
Wesentlich für die Entscheidungsfindung waren die
Berücksichtigung des Geschlechts, die parteipolitische Herkunft und die
Regionalität als Vorgaben bei der Auswahl der Personen für alle EU-Spitzenämter.
Deutsch-Französische Vorherrschaft
Frankreich und Deutschland
dominierten in den Verhandlungen und konnten die wichtigsten Posten für sich
erwerben, die Kommission als auch die Europäische Zentralbank. Die Staats- und
Regierungschefs nominierten als Anwärterin für die Europäische Kommission
Ursula von der Leyen, außerdem den belgischen Regierungschef Charles Michel zum
künftigen EU-Ratspräsidenten, den spanischen Außenminister Josep Borrell zum EU-Außenbeauftragten
und die Französin Christine Lagarde als künftige Präsidentin der Europäischen
Zentralbank, die „Grande Dame“ der Finanzwelt leitet zurzeit den
Internationalen Währungsfonds.
Von der Leyens Hauptaufgabe: Europäische Spaltungen überwinden und Vertrauen aufbauen
Überraschend
war wohl die wichtigste Personalie, nämlich die deutsche
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen als neue Kommissionspräsidentin zu
nominieren. Sie wird die Nachfolge von Jean-Claude Juncker im Herbst antreten.
In der Woche vor ihrem Wahltermin war sie intensiv damit beschäftigt, die Fraktionen im
Europäischen Parlament von ihren Zielen zu überzeugen, wie zum Beispiel eine klimaneutrale EU bis 2050 mit
einem „Green Deal“ zu erreichen, ein Initiativrecht für das Europäische
Parlament vorzuschlagen, die Einführung einer europaweiten Arbeitslosenrückversicherung und
eines europaweiten Krebsplanes. Auch den Ausbau des Schutzes durch soziale
Sicherheit im Hinblick auf die Stärkung der Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in
atypischen Beschäftigungsverhältnissen erwähnte sie. Dies waren nur einige ihrer
Botschaften, welche für die deutsche Sozialversicherung von Interesse sind.
Von
der Leyen hat am 16. Juli in einer geheimen Abstimmung mit 383 zu 327 Stimmen die
Zustimmung der EU-Abgeordneten in Straßburg erhalten. Nun muss sie
rasch ein Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission erstellen sowie ihre Kommissare
rekrutieren. Auch diese müssen sich nach der Sommerpause den Fragen der Abgeordneten des Europäischen Parlaments stellen. Sie werden daraufhin geprüft, ob sie auch fachlich
versiert und geeignet genug für die jeweiligen Positionen sind.
Ein „roter“ Präsident für das EU-Parlament
Eine weitere
Personalentscheidung – unabhängig von den Personalvorschlägen des Europäischen Rates – war die Wahl des italienischen
Sozialdemokraten David-Maria Sassoli. Er wurde bei der 1. konstituierenden
Sitzung der 9. Legislaturperiode im zweiten Wahlgang mit 345 Stimmen und somit in absoluter Mehrheit von 667 gültigen Stimmen zum Präsidenten des Europäischen Parlamentes gewählt. Weil er das Wahlergebnis von Ursula von der Leyen
zur Kommissionspräsidentin verkündete, erhielt er schon jetzt weltweite Aufmerksamkeit.
Der
Sozialdemokrat wird in den ersten zweieinhalb Jahren der Legislaturperiode das
Parlament führen und in der zweiten Hälfte soll ein
Wechsel stattfinden. Dann soll die christdemokratische Europäische Volkspartei
(EVP) zum Zuge kommen. Parlamentspräsident könnte dann vielleicht Manfred Weber werden.
Besetzung der Ausschüsse
Nähere Informationen über die Besetzung der Ausschüsse im Europäischen
Parlament finden Sie in unserer Meldung „Neue
Gesichter – bekannte Gesichter“.