Rat verabschiedet Maßnahmen zum Arbeitnehmerschutz in Europa.

MM – 07/2019

Der Ministerrat hat die am 16. April 2019 vom Europäischen Parlament verabschiedete Richtlinie über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen mit Entscheidung vom 13. Juni 2019 angenommen. Mit dem Rechtsakt werden neue Mindestrechte sowie Vorschriften für Informationen über die Arbeitsbedingungen eingeführt, die den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zur Verfügung gestellt werden müssen. Die Mitgliedstaaten haben nun drei Jahre Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.


Die Richtlinie steht im engen Zusammenhang mit der Europäischen Säule Sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission proklamiert wurde. Der Schutz von Arbeitnehmern in atypischen Arbeitsverhältnissen soll dadurch ausgebaut werden (siehe hierzu auch die News von zuletzt Februar 2019).

Überblick über die Inhalte der Richtlinie

Die neue Richtlinie gilt für Arbeitnehmer in Europa, die mehr als 12 Stunden im Monat arbeiten; sie soll auch für Beschäftigungsformen gelten, die bisher nicht ausreichend geschützt sind. Dies betrifft Hausangestellte, geringfügig Beschäftigte oder solche mit ganz kurzen Arbeitsverträgen. Es sollen auch neue Beschäftigungsformen erfasst werden, wie etwa Arbeit auf Abruf, auf der Grundlage von Gutscheinen oder auf Online-Plattformen.

Nachweispflichten des Arbeitgebers bei Begründung eines Arbeitsverhältnisses

Zu den Nachweispflichten des Arbeitgebers gehört insbesondere, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zügig über die wesentlichen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses unterrichten muss. Die bisherigen Regelungen der Nachweisrichtlinie werden dadurch geändert. Das deutsche Nachweisgesetz, das die Nachweisrichtlinie umsetzt, verpflichtet Arbeitgeber, spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses, die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen.


Nach der neuen Regelung muss der Arbeitgeber die wichtigsten Informationen innerhalb der ersten Woche an den Arbeitnehmer geben – dies geht nun allerdings auch in elektronischer Form – alle weiteren Informationen dann innerhalb des ersten Monats. Diese wichtigsten Informationen sind unter anderem die Personalien der Parteien des Beschäftigungsverhältnisses, der Arbeitsort, die Art der Arbeit, die vereinbarten Arbeitszeiten, der anfängliche Grundbetrag der Vergütung und der Umfang des bezahlten Urlaubs.


Für Abrufarbeit gibt es noch gesonderte Nachweisvorschriften, so muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über die Referenzstunden und die Referenztage, innerhalb derer diese aufgefordert werden können zu arbeiten, die Mindestfrist, mit der ihnen der Beginn eines Arbeitsauftrags angekündigt wird, und die Anzahl der garantiert bezahlten Stunden informieren.

Mindestbedingungen für Arbeitnehmer

In der Richtlinie sind eine Reihe (weiterer) Mindestrechte für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer festgelegt; so ist unter anderem vorgesehen, dass

  • sie gleichzeitig eine Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber aufnehmen können,
     
  • die Probezeit auf höchstens sechs Monate begrenzt wird und
     
  • längere Probezeiten nur zulässig sind, wenn dies im Interesse der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers liegt oder durch die Art der Beschäftigung gerechtfertigt ist,
     
  • Arbeitnehmer, die seit mindestens sechs Monaten bei demselben Arbeitgeber tätig sind, um eine Beschäftigung mit vorhersehbareren und sichereren Arbeitsbedingungen ersuchen dürfen und
     
  • kostenlos Fortbildungen angeboten werden, wenn diese nach dem Recht der Union oder der Mitgliedstaaten vorgeschrieben sind.
     

Durchsetzungsmöglichkeiten für den Arbeitnehmer

Die Richtlinie lässt den Mitgliedstaaten zwei Möglichkeiten, auf eine nicht erfolgte Information des Arbeitgebers zu reagieren:


Entweder es wird widerlegbar vermutet, dass die betroffenen Arbeitnehmer unbefristet in Vollzeit und ohne Probezeit beschäftigt werden, wenn der Arbeitgeber sie nicht über Befristung, Arbeitsumfang und Probezeit unterrichtet,


oder


die Arbeitnehmer erhalten die Möglichkeit, bei einer zuständigen Behörde zeitnah eine Beschwerde einzureichen und in einem angemessenen Zeitrahmen eine ausreichende Antwort zu erhalten. Befindet die zuständige Behörde, dass die Beschwerde berechtigt ist, so weist sie den oder die betreffenden Arbeitgeber an, die fehlenden Informationen zu erteilen. Erteilt der Arbeitgeber die fehlenden Informationen nicht innerhalb der von der zuständigen Behörde festgelegten Frist nach Eingang der Anweisung, so hat die Behörde die Möglichkeit, eine angemessene Verwaltungsstrafe zu verhängen, und zwar auch noch nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses.


Bei einer Kündigung tritt sogar eine Beweislastumkehr ein: Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und prangert der Arbeitnehmer dieses an, so muss der Arbeitgeber nachweisen, dass diese Kündigung nicht erfolgt ist, weil der Arbeitnehmer seine Rechtsansprüche aus dem Umsetzungsgesetz geltend machen wollte.