Effizientere Entscheidungsfindung in der Sozialpolitik?
Stellungnahme der Deutschen Sozialversicherung.
IF – 09/2019
Kurz vor den Europawahlen hatte die Europäische Kommission
als eine ihrer letzten Amtshandlung der 8. Legislaturperiode eine Diskussion
über eine effizientere Beschlussfassung im Rat im Bereich der EU-Sozialpolitik
eröffnet.
In einer Mitteilung schlug die Europäische Kommission die Ausweitung der Entscheidungsfindung im
Rat auf eine Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit vor. Die
Europavertretung der Deutschen Sozialversicherung berichtete ausführlich zu der
Thematik des möglichen Übergangs zur Beschlussfassung mit qualifizierter
Mehrheit, siehe hierzu Artikel 04/2019.
Hintergrund
In einer sich rasch veränderten Arbeitswelt sei es wichtiger denn je,
zügig wirksame politische Antworten auf neue Lebensbedingungen und -umstände zu
finden. Eine verstärkte Anwendung der Beschlussfassung mit qualifizierter
Mehrheit im Rat und des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens bei
sozialpolitischen Entscheidungen, könnte nach Meinung der Europäischen
Kommission dazu beitragen.
Nicht jeder einzelne Mitgliedstaat müsste dann von entsprechenden
Maßnahmen überzeugt werden, lediglich Mehrheiten müssten gefunden werden, war
eines der Hauptargumente. Ähnliche Forderungen formulierte die Europäische
Kommission vor einiger Zeit im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik sowie
in der Steuerpolitik.
Die Spitzenorganisationen der deutschen
Sozialversicherung beteiligen sich mit einer Stellungnahme an der geführten Debatte
und setzen sich für eine Beibehaltung des Einstimmigkeitsprinzips im Bereich
der sozialen Sicherheit ein. Nur durch einstimmige Entscheidungen im Rat ist
sichergestellt, dass keine Eingriffe in die Kernelemente der sozialen
Sicherheit erfolgen.
Die Deutsche Sozialversicherung spricht sich daher klar gegen die
Anwendung der allgemeinen Überleitungsklausel in Artikel 48 Absatz 7 EUV und
einer Entscheidungsfindung mit qualifizierter Mehrheit im Bereich der sozialen
Sicherheit und des sozialen Schutzes der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
(außer im grenzüberschreitenden Kontext) aus.
Für die Organisation und Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme sind
in erster Linie die Mitgliedstaaten verantwortlich. Nur durch einstimmige
Entscheidungen im Rat ist sichergestellt, dass keine Eingriffe in die
Kernelemente der sozialen Sicherheit erfolgen.
Die Stellungnahme der Deutschen
Sozialversicherung finden Sie hier.
Die Initiative zeigt, dass die
Europäische Kommission das Tempo von Beschlüssen im Sozialbereich künftig
erhöhen möchte. Ob dies auch unter der designierten Kommissionspräsidentin
Ursula von der Leyen prioritär behandelt wird, bleibt abzuwarten.