Frankreich plant umfassende Rentenreform
Länger arbeiten, mehr sozialer Ausgleich.
Dr. Sch.-W. – 09/2019
Im Juli 2019 präsentierte
der von der französischen Regierung beauftragte „Hohe Kommissar“ Jean-Paul
Delevoye seine Vorstellungen einer umfassenden Reform des französischen
Rentensystems. Das Werk trägt den Titel „Système de retraite universel“ – Universelles
Rentensystem. Es würde die heute bestehenden 42 Systeme vereinheitlichen und
die Verwaltungen zusammenlegen.
Das „Herzstück“ der
Reform ist die faktische Anhebung des
Rentenalters. Die volle, abschlagsfreie Rente soll in Zukunft erst im Alter 64
und nicht mehr mit Alter 62 gezahlt werden. Ein früherer Ruhestand ist noch möglich,
würde aber mit Abschlägen in Höhe von 5% pro vorgezogenem Jahr bestraft,
längeres Arbeiten mit einem Zuschlag belohnt.
Ein ganz besonderes
Anliegen ist auch die Beseitigung des geschlechtsspezifischen Rentengefälles („Gender pension gap“) von zur Zeit 42%. Um dieses zu verringern, sollen
Zeiten der Kindererziehung in Zukunft deutlich höher bewertet werden als in der
Vergangenheit.
Eine wesentliche Absicht
der Reform eine starke soziale Komponente, die ganz gezielt von den längeren,
stabileren Erwerbskarieren zu den kürzeren und unterbrochenen hin umverteilt.
Damit werde der Rentenabstand zwischen den „Prekarisierten“ und den
„Wohlhabenden“ verringert.
Der französische
Präsident möchte nun einen breiten gesellschaftlichen Konsens über die
aktuellen Pläne herbeiführen. Hierzu hat die Ministerin für Gesundheit und
Solidarität Agnes Buzyn eine breit angelegte Konsultation angekündigt, die im
Oktober starten soll. Anschließend wird die Regierung ihr dann präzisiertes Reformprojekt
präsentieren.
Wegen der faktischen
Anhebung des Rentenalters wird vor allem von Seiten der Gewerkschaften
Widerstand erwartet. Die Pläne einer umfassenden Reform haben sich bereits um
ein Jahr verzögert. Französische Experten sehen dies in einem engen
Zusammenhang mit den Gelbwesten-Protesten – und nun auch mit den anstehenden
Kommunalwahlen im März 2020 – die den Präsidenten haben vorsichtiger werden
lassen.
Der im Internet verfügbare Bericht „Pour un système universel de retraite“ des Hohen Kommissars Jean-Paul Delevoye
enthält auch wertvolle Informationen über die Leistungen des
gegenwärtigen Rentensystems.
Nähere Informationen über den Inhalt des Berichts einschließlich eines teilweisen Vergleichs mit Aspekten des Systems der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung finden Sie auf unserer Webseite
als Hintergrundinformation.