Umfassender, ehrgeiziger und auf lange Sicht angelegt.

SW – 03/2020

So wünscht sich der zuständige Ausschuss „Beschäftigung und soziale Angelegenheiten“ des Europäischen Parlamentes die neue Strategie der EU zugunsten von Menschen mit Behinderungen für die Zeit nach 2020. Und auch der Berichterstatter des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA), Yannis Vardakastanis, forderte anlässlich einer öffentlichen Anhörung zum Thema „Gestaltung der EU-Agenda für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2020 – 2030“ im Februar 2020 eine umfassendere ehrgeizigere Agenda als die derzeit geltende.


In seinem Entschließungsantrag vom 2. März 2020 hält der Beschäftigungsausschuss des Europäischen Parlamentes die Kommission an, eine EU-Strategie vorzulegen, die diesen Kriterien gerecht wird. Sie soll ambitionierte, eindeutige und messbare Zielvorgaben enthalten, sowie eine Liste von Maßnahmen in verschiedenen Bereichen, u.a. in den Bereichen Teilhabe, Freizügigkeit und Unabhängigkeit der Lebensführung, Barrierefreiheit sowie Beschäftigung und Ausbildung. Für die Maßnahmen soll ein klarer Zeitrahmen vorgegeben und Ressourcen vorgesehen werden.

Berufliche Inklusion

Angesichts der geringen Fortschritte bei der beruflichen Inklusion (siehe Bericht 1-2020) hatte auch die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) im Rahmen der Konsultation der Kommission zur Evaluierung der derzeitigen EU-Strategie die Themen Barrierefreiheit, Bereitstellung von EU-Mitteln, Habilitation und Rehabilitation, Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben sowie Beschäftigung als wichtige Themen für die künftige Strategie hervorgehoben.


Mit der Entschließung wird die Kommission aufgefordert zu gewährleisten, dass die neue EU-Strategie u.a. den garantierten Zugang zu Beschäftigung, Berufsausbildung, inklusiver Bildung und erschwinglicher hochwertiger Gesundheitsdienste fördert. Es soll sichergestellt werden, dass angemessene Vorkehrungen am Arbeitsplatz getroffen und Diskriminierungen im Hinblick auf die Vergütung beseitigt werden. Menschen mit Behinderungen sollen eine Vergütung in gleicher Höhe erhalten, wie Arbeitnehmer ohne Behinderung.


Auch die Mitgliedstaaten werden in die Pflicht genommen. Sie werden aufgefordert, Maßnahmen zur Förderung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsplatz weiterzuentwickeln und besser umzusetzen. Menschen mit Behinderungen, die in geschützten Werkstätten arbeiten, sollen als Arbeitnehmer im Sinne des Gesetzes anerkannt werden und denselben Anspruch auf Sozialschutz haben.

Zugang zum Sozialschutz

In der Entschließung wird das Recht der Menschen mit Behinderung auf einen angemessenen Lebensstandard und Sozialschutz hervorgehoben. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, ein Mindestmaß an Sozialschutz für Menschen mit Behinderungen einzuführen, so dass ein angemessener Lebensstandard gewährleistet werde. Die Kommission soll dafür Sorge tragen, dass die neue Strategie Maßnahmen zur Förderung inklusiver Systeme der sozialen Sicherung in der gesamten EU enthält. Zur Gewährleistung eines Zugangs zu sozialen Unterstützungsdiensten in der gesamten EU sollen Kommission und Rat auf der Empfehlung des Rates zum Zugang zum Sozialschutz und auf dem Vorschlag für eine Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit aufbauen.


Der Ausschuss hatte den Entwurf der Entschließung in seiner Sitzung am 20. Februar 2020 einstimmig angenommen. Die Abstimmung im Europäischen Parlament war für den 11. März 2020 terminiert. Die Plenarsitzung wurde jedoch aufgrund der Maßnahmen im Hinblick auf das Coronavirus abgesagt.

Harmonisierung nationaler Anforderungen an Arbeitgeber

Der EWSA hatte seine Stellungnahme bereits im Dezember 2019 verabschiedet und hervorgehoben, dass mit 48,1 Prozent die Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderungen im Vergleich zu Menschen ohne Behinderungen (73,9 Prozent) unverhältnismäßig niedrig sei. Die Beschäftigungsquote von Frauen mit Behinderungen sei sogar noch deutlich niedriger. Der EWSA hatte daher u.a. gefordert, dass die Kommission Maßnahmen zur Harmonisierung der Verpflichtungen von Arbeitgebern sowie entsprechende staatliche Unterstützungsmaßnahmen vorschlagen solle, damit angemessene Vorkehrungen für Arbeitnehmer mit Behinderungen getroffen würden.

Ausblick

Die Kommission wird die Evaluierung der derzeitigen Strategie voraussichtlich im Juli 2020 fertig stellen. Nach weiteren Konsultationen wird sie die Mitteilung zur neuen Strategie voraussichtlich in den ersten drei Monaten 2021 veröffentlichen.