COVID-19
Die Hoffnung auf einen Impfstoff stößt auf Grenzen der Solidarität.
UM – 05/2020
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat mitgeteilt, dass sich die
Welt darauf einstellen müsse, dass der Erreger Sars-CoV-2 für immer
bleibe. Die einzige Chance, die noch für eine Ausrottung von COVID-19
bestünde, sei die Entwicklung eines hocheffektiven Impfstoffes, so der
WHO-Koordinator und Epidemiologe Michael Ryan. Noch nicht in der Welt,
gibt es um dessen Verteilung bereits ein internationales Gezerre.
EU ist nicht in der Pole-Position
Nach Angaben der WHO gibt es international rund 100
Forschungsprojekte zur Entwicklung eines Impfstoffes. Zehn sollen
vielversprechend sein und so weit fortgeschritten, dass die Substanzen
am Menschen erprobt werden. Doch wer bekommt zuerst den Impfstoff? Chinesische Firmen sind an fünf aussichtsreichen Impfstoffprojekten
beteiligt, US-amerikanische an vier. Unternehmen aus der Europäischen Union (EU) engagieren sich in drei Forschungsprojekten. Die EU steht damit nicht in der ersten Reihe.
America First?
Anfang Mai wurden im Rahmen einer Geberkonferenz 7,4 Milliarden Euro
an Finanzmitteln zusammengetragen, die in die Erforschung eines
Impfstoffes gegen das Corona-Virus fließen sollen. An dieser hatte sich die
USA nicht beteiligt. Dies wird als schlechtes Zeichen gewertet. In
einem besonderen Fokus steht in diesem Zusammenhang das französische
Pharma-Unternehmen Sanofi.
Sanofi hatte am 13. Mai mitgeteilt,
dass "die Produktion auf US-Boden vorwiegend für die Vereinigten Staaten
bestimmt sei und der Rest der Produktionskapazitäten Europa,
Frankreich und dem Rest der Welt zugeteilt" werde. Zwar schlägt man
zwischenzeitlich in der Pariser Zentrale andere Töne an, das Misstrauen
aber bleibt. Zuvor hatte es Auseinandersetzungen zwischen Deutschland
und den USA um das Tübinger Unternehmen CureVac, das ebenfalls an einem
Impfstoff gegen das Coronavirus arbeitet, gegeben.
Ein Impfstoff für alle
Microsoft-Gründer Bill Gates, aber auch Bundeskanzlerin Angela Merkel
(CDU) oder die weltweite Impfallianz Gavi fordern, einen COVID-19-Impfstoff als „globales
öffentliches Gut“ zur Verfügung zu stellen. Dagegen haben sich bereits
Teile der Pharmaindustrie ausgesprochen, so der Verband der forschenden
Arzneimittelhersteller (vfa) in Deutschland: Die Unternehmen müssten
Eigentümer ihrer Entwicklungen bleiben, schließlich würden sie
Millionenbeträge investieren, so vfa-Präsident Hans Steutel gegenüber
dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Industrie werde einen Impfstoff
aber zu bezahlbaren Preisen anbieten. Erforderlich seien staatliche
Investitionshilfen für den Ausbau der Impfstoffproduktion, um die
erforderlichen Mengen herstellen zu können. Die Frage danach, wer zuerst
Zugriff auf den Impfstoff haben wird, beantwortet das nicht.
Internationale Kooperation statt nationale Egoismen
Europa muss auf der Hut sein. Dazu Peter Liese, gesundheitspolitischer Sprecher der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament auf seiner Website: „Entscheidend ist, dass wir
auch einen Plan für den Fall haben, dass amerikanische Unternehmen
schneller sind als der Rest der Welt und Trump dann sagt: „America
first“. Die Verteilung eines Impfstoffs oder Medikaments muss nach
medizinischen Kriterien erfolgen, und wir müssen so schnell wie möglich
jeden auf der ganzen Welt versorgen. Dafür ist internationale
Kooperation entscheidend, und nicht die Konzentration auf ein einzelnes
Land“.