"Wenn wir die Rechte von Menschen mit Behinderungen sichern, investieren wir in unsere gemeinsame Zukunft"
COVID-19: Auswirkungen auf die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung.
SW – 05/2020
Die Europäische
Kommission hat am 6. Mai 2020 ihre Frühjahrsprognose für die europäische
Wirtschaft vorgelegt. Infolge der COVID-19-Pandemie wird ein Anstieg der
Arbeitslosenquote von 6,7 Prozent im Jahr 2019 auf voraussichtlich 9 Prozent im
Jahr 2020 erwartet. Für bestimmte Gruppen, wie z.B. für junge Menschen, die versuchen
in dieser Zeit in den Arbeitsmarkt eintreten und eine erste Stelle zu finden,
wird es schwieriger werden. Aber auch Menschen mit Behinderung könnten zu den
Gruppen gehören, die unter angespannten Arbeitsmärkten leiden werden.
Verschärfung der Ungleichbehandlung
Die COVID-19-Pandemie
verschärfe die Ungleichbehandlung, die die weltweit eine Milliarde Menschen mit
Behinderungen oft erfahren würden, so der Generalsekretär der Vereinten
Nationen António Guterres anlässlich der Veröffentlichung des Berichts „A Disability-Inclusive Response to COVID-19“ am 6. Mai 2020. Diejenigen, die vor der Krise von der Ausgrenzung von
Arbeitsplätzen betroffen gewesen seien, würden auch jetzt eher ihren
Arbeitsplatz verlieren, bzw. größere Schwierigkeiten bei der Rückkehr zur
Arbeit haben. Dennoch hätten weniger als 30 Prozent der Menschen mit
erheblichen Behinderungen Zugang zu Unterstützungsleistungen.
Recht auf Beschäftigung in den Mittelpunkt stellen
"Wenn wir
die Rechte von Menschen mit Behinderungen sichern, investieren wir in unsere
gemeinsame Zukunft", betonte der UN-Generalsekretär und forderte die
Regierungen auf, Menschen mit Behinderungen in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen
um eine Reaktion auf die COVID-19-Pandemie zu stellen.
Dies war auch
eine der Kernbotschaften der Online-Konferenz des Europäischen Dachverbandes
der Dienstleistungsanbieter für Menschen mit Behinderungen (EASPD) und des
Vereins für die soziale und berufliche Integration von Menschen mit
Behinderungen (LADAPT) vom 4. und 5. Mai 2020 zum Thema „Weg zur Beschäftigung
von Menschen mit Behinderungen“.
Die
Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen müsse ein Schwerpunkt in der wirtschaftlichen
Reaktion auf COVID-19 sein. Angesichts der spürbaren negativen wirtschaftlichen
Auswirkungen der COVID-19-Pandemie betonten die Konferenzteilnehmer, dass es wichtig
sei, das Recht auf Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen
aufrechtzuerhalten, und forderten eine größere Unterstützung der EU und der Mitgliedstaaten,
um denjenigen, die am weitesten vom Arbeitsmarkt entfernt seien, helfen zu
können, sinnvolle Arbeit zu finden.
Statistiken in
der EU zeigen, dass vor COVID-19 nur etwa 47 Prozent der Menschen mit
Behinderungen beschäftigt seien, verglichen mit 72 Prozent der Menschen ohne
Behinderungen (zum Fortschritt bei inklusiven Arbeitsmärkten Bericht 1/2020). Befürchtet wurde, dass sich diese Differenz
als Folge der COVID-19-Pandemie weiter ausweite. Emmanuelle Grange, Leiterin
der Abteilung für Behinderung und Inklusion der Generaldirektion Beschäftigung,
Soziales und Integration der Europäischen Kommission bestätigte, dass das Thema
„Beschäftigung“ auch nach 2020 ein Kernthema der Europäischen Strategie für
Menschen mit Behinderungen bleiben werde. James Crowe, Präsident der EASPD, forderte,
dass die künftige europäische Strategie für Menschen mit Behinderungen klare
und aussagekräftige Ziele für die Erhöhung der Beschäftigung von Menschen mit
Behinderungen auf dem offenen Arbeitsmarkt festlegen solle (zum Vorstehenden Pressemitteilung der EASPD).
Chancen durch beschleunigte Digitalisierung
Derweil berichtet
das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) über
mögliche Chancen einer beschleunigten Digitalisierung als Folge der COVID-19-Krise.
Eine Folge der Pandemie sei die beschleunigte Digitalisierung der deutschen
Wirtschaft und Gesellschaft. Für Menschen mit Behinderung könne das die Chancen
auf eine Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt erhöhen.
Nach Angaben
des Informationsdienstes des Instituts der
deutschen Wirtschaft hat eine repräsentative IW-Befragung von Personalverantwortlichen 2019 ergeben,
dass fast ein Drittel der Unternehmen in Deutschland glaubt, dass die
Digitalisierung die Jobchancen für Menschen mit Behinderung verbessert. Bei
großen Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten seien es sogar fast die
Hälfte. Handlungsbedarf gebe es nach wie vor bei kleinen und mittleren
Unternehmen, die mehr Informationen über die Besonderheiten bei der Einstellung
und Ausbildung von Menschen mit Behinderung benötigten, um Vorurteile und
Fehlinformationen abzubauen.