Gemeinsam auf der Suche
Die Europäische Kommission hat ihre Strategie für COVID-19-Impfstoffe vorgestellt.
UM – 06/2020
Die Europäische Union (EU) ist herausgefordert, im Wettlauf um einen
Impfstoff gegen Covid-19 Erfolge zu erzielen. Am 17. Juni hat die
EU-Kommission nun in einer Mitteilung ihre Coronavirus-Impfstrategie
vorgestellt. Es müsse frühzeitig in Forschung und Entwicklung sowie in
den Ausbau von Produktionskapazitäten investiert werden. Über einen
zentralen Ansatz soll verhindert werden, dass es um den Impfstoff zu
einem Wettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten kommt. Europäische
Solidarität sei gefordert.
Viel Zustimmung im Rat
Im EPSCO-Rat vom 12. Juni 2020 wurde von den Gesundheitsministerinnen und Gesundheitsministern der Länder zuvor große Unterstützung für
ein einheitliches, europäisches Vorgehen signalisiert. In dem
Zusammenhang wurde auch Sympathie für die Initiative von Deutschland,
Frankreich, Italien und den Niederlanden zur Gründung der „Inclusive
Vaccine Alliance“ geäußert. Für Deutschland begrüßte
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ein entschlossenes und schnelles
Vorgehen der EU. Die Kommission solle bei den Verhandlungen um einen
Impfstoff eine führende Rolle spielen und schnell und pragmatisch
Verträge mit der Industrie abschließen. Die Impfstoffhersteller können
für die Finanzierung von Entwicklung und Produktion bereits auf günstige
Finanzierungsangebote der Europäischen Investitionsbank (EIB)
zurückgreifen. Doch noch ist ein Impfstoff nicht in Sicht.
Strategische Ziele
Mit ihrer Impfstrategie verfolgt die EU drei Ziele: Erstens soll die Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit von Impfstoffen gewährleistet werden. Zweitens sollen die Impfstoffe den Mitgliedstaaten schnell zur Verfügung stehen können. Und drittens soll es in der EU einen gleichberechtigten Zugang zu den Impfstoffen geben und dies zu erschwinglichen Preisen.
Abnahmegarantien sollen Produktion sichern
Zum einen soll durch Vorabkaufvereinbarungen beziehungsweise
Abnahmegarantien (Advanced Purchase Agreements - APA) die Produktion
einer ausreichenden Impfstoffmenge gesichert werden. Die nötigen
Finanzmittel sollen aus dem europäischen Soforthilfeinstrument
(Emergency Support Instrument - ESI) kommen. Dazu würde, so die
Kommission, ein großer Anteil der etwa 2,7 Milliarden Euro, die im ESI
verfügbar seien, bereitgestellt. Darüber hinaus fließen Mittel durch die
Mitgliedstaaten, die bestimmte Kontingente an Impfstoffen beziehen
wollen. Die Kommission handelt dabei im Auftrag der betreffenden Länder.
Diese erhalten das Recht zum Kauf von Impfdosen auf Basis der
Konditionen der APA. Ein Entwurf für einen Vertrag zur
Impfstoffoptionierung wurde bereits an die Mitgliedstaaten gesendet und
wird derzeit diskutiert.
Rechtsrahmen flexibel nutzen
Zum anderen soll der rechtliche Rahmen flexibel genutzt werden, um
die Entwicklung, Zulassung und Verfügbarkeit von Impfstoffen zu
beschleunigen; bei Aufrechterhaltung der Standards für Qualität,
Sicherheit und Wirksamkeit der Impfstoffe. Dazu gehört beispielsweise,
im Erstzulassungsprozess für Arzneimittel bei der Europäischen
Arzneimittelagentur (EMA) zunächst geringere Anforderungen an die
Datenlage zu stellen und diese später ergänzen zu lassen. Durch die
Einschaltung einer Task Force (ETF) bei der EMA kann zudem im Dialog mit
den Herstellern der Zulassungsprozess durch einen frühzeitigen
Austausch über bereits gesammelte wissenschaftliche Erkenntnisse
optimiert werden. Zudem können die Zeiträume für die Konsultationen der
Mitgliedsstaaten verkürzt oder die Kennzeichnungs- und
Verpackungsvorschriften flexibel angewendet werden.
Weltweites Handeln ist gefragt
Die europäische Initiative steht im Kontext mit den weltweiten
Bemühungen, einen Impfstoff gegen COVID-19 zu finden. Europa engagiert
sich in globalen Organisationen und Allianzen wie CEPI (Coalition for
Epidemic Preparedness) oder GAVI (Globale Allianz für Impfstoffe und
Immunisierung). Anfang Mai dieses Jahres hatte die Kommission bereits
eine Geberkonferenz initiiert, dessen milliardenschwerer Ertrag für die
Erforschung und Entwicklung eines Impfstoffes zur Verfügung steht (siehe
dazu auch Newsletter 5-2020). Noch ist nicht garantiert, dass ein
Impfstoff bald gefunden wird. Die Entwicklung von Tests und Therapeutika
bleibe deshalb, so die Kommission, weiterhin wichtig.