Europaweite Reisebeschränkungen
Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und verstärkte Koordination durch die EU.
WN – 09/2020
Mit
der Ausbreitung der Covid-19-Pandemie in Europa gehen seit März dieses Jahres Einschränkungen der Reisefreiheit und Freizügigkeit in für EU-Bürgerinnen und -bürger
bisher ungewohntem Ausmaß einher. Insbesondere die seit Ende des ersten großen
Lockdowns im Juni ausgesprochenen individuellen Reisewarnungen und
-beschränkungen der EU-Mitgliedstaaten bedeuten zunehmende Unsicherheit und
haben mittlerweile Auswirkungen, die weit über die Tourismusbranche
hinausreichen.
Bisherige Auswirkungen
Seitens
der Arbeitgeber würden insbesondere zu häufige und kurzfristige Veränderungen der Regeln bei
Teststrategie, Quarantänevorgaben und Reisewarnungen Unsicherheit schaffen und
das wirtschaftliche Risiko erhöhen.
Für Arbeitnehmerinnen und -nehmer ergeben sich vor allem sozialrechtliche Unsicherheiten,
z.B. in Bezug auf Auswirkungen des privaten und beruflichen Reiseverhaltens
oder bei staatenübergreifenden Arbeitsverhältnissen.
Besonders betroffen sind dabei grenzübergreifende
Angestellte oder Personen mit Arbeitsverhältnissen in einem internationalen
Tätigkeitsfeld, für die grenzüberschreitende Mobilität elementar für die
Ausübung ihrer Tätigkeit ist. Dazu zählen z.B. Dienstleistungen im Baugewerbe
oder Fachkräfte für spezialisierte Maschinen. Für bestimmte Personengruppen,
insbesondere medizinisches Fachpersonal, gelten deshalb schon jetzt
Ausnahmeregelungen, da sie in der aktuellen Situation eine wichtige Funktion in
der Aufrechterhaltung des Gesundheitswesens wahrnehmen.
Vor dem Hintergrund der
zum Teil uneinheitlichen Regelungen von Mitgliedstaaten wird der Ruf nach einem koordinierten
Vorgehen innerhalb der EU immer lauter.
Verstärkte EU-Koordination
Am 04.
September legte die Kommission daher einen Vorschlag zur Verbesserung der Klarheit und Vorhersehbarkeit der Maßnahmen, die auf die
Freizügigkeit in der Europäischen Union wirken, vor. Dieser folgt der
Empfehlung des Europarates und soll sicherstellen, dass die Reisebeschränkungen
der Mitgliedstaaten auf EU-Ebene besser koordiniert und kommuniziert werden.
Der Vorschlag enthält die folgenden Kernelemente:
- Festlegen gemeinsamer Kriterien (z.B. die Zahl
der neu gemeldeten COVID-19-Fälle pro 100.000 Personen innerhalb von 14 Tagen)
und eine einheitliche Meldung an das Europäische Zentrum für die Prävention und
die Kontrolle von Krankheiten (ECDC),
- einheitliche Kartierung der Regionen im
europäischen Wirtschaftsraum mittels eines Farbcodes: grün (geringes Risiko), orange
(Warnstufe), rot (hohes Risiko) oder grau (unzureichende Daten oder geringe
Testung),
- gemeinsames Konzept für den Umgang mit Reisenden
aus Risikogebieten sowie
- eine klare und rechtzeitige Information der
Öffentlichkeit.
Die
Kommission betont, dass der Schutz der öffentlichen Gesundheit immer oberste
Priorität habe, weitere Störungen in den geschwächten Volkswirtschaften aber
verhindert werden müssen. Der Vorschlag enthalte klare und
diskriminierungsfreie Kriterien, die nicht in die Gesundheitskompetenzen der Mitgliedstaaten
eingreifen, leicht von diesen anzuwenden seien und über welche die Bürgerinnen
und Bürger gut informiert werden können.
Plattform „Re-open EU“
Bereits
seit dem 15. Juni, zur Wiedereröffnung der Grenzen innerhalb des Schengen-Raums,
ist die Plattform „Re-open EU“ in
Betrieb. Die Plattform soll als zentrale Anlaufstelle aktuelle Informationen
der Kommission sowie der Mitgliedstaaten bieten.