Beschäftigung und gesellschaftlicher Wandel in Europa 2020
EU-Kommission veröffentlicht ihren aktuellen Jahresbericht
WN – 10/2020
Unter dem Titel „Niemanden zurücklassen und nach mehr streben: Fairness
und Solidarität in der europäischen sozialen Marktwirtschaft“ veröffentlichte
die EU-Kommission am 15. September 2020 ihren aktuellen Jahresbericht zur Beschäftigung und gesellschaftlichem Wandel in Europa. Der Bericht stellt
jährlich aktuelle ökonomische Analysen zum Thema bereit und untersucht entsprechende
politische Instrumente und Strategien.
Zum zehnten Jubiläum steht im Jahr 2020 auch die sozioökonomische
Krise durch COVID-19 im Fokus, indem die Kommission einen ersten Ausblick auf
deren Auswirkungen gibt. Im Rahmen einer Konferenz betonte EU-Kommissar Nicolas
Schmit am 06. Oktober 2020 außerdem, dass der Bericht vor dem Hintergrund des
für das kommende Jahr geplanten Aktionsplans zur Umsetzung der Europäischen
Säule sozialer Rechte wichtige Basisinformationen zur sozialen Realität in der
EU biete.
Arbeitsmarkt, Demografie und Rente
Grundsätzlich sei schon jetzt erkennbar, dass durch die
Krise die bislang positive Entwicklung von Wirtschaft und Arbeitsmarkt in der
EU gestoppt wurde. Die Kommission geht in ihrer Prognose von einem Rückgang des
BIP der EU um bis zu 8,3% für das aktuelle Jahr 2020 aus. Insbesondere für
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die z.B. Selbstständige sind oder besondere
Arbeitsverhältnisse wie Plattformarbeit haben, könnten sich die
sozioökonomischen Risiken durch die Pandemie erhöhen.
Die Kommission simuliert außerdem eine angestrebte Verringerung
geschlechterspezifischer Unterschiede und deren Auswirkung: Eine Angleichung in
den drei Bereichen Erwerbsbeteiligung, Lohnniveau und wöchentlicher Arbeitszeit
könne den prognostizierten Rückgang des Rentenniveaus als Prozentsatz der Löhne
und Gehälter von 43,3% (heute) auf 29,9% statt (ansonsten) 26,7% (2070)
deutlich abfedern. Das entspräche einem Volumen von 400 Mrd. Euro pro Jahr.
Auch ein längeres reales Arbeitsleben könne sich positiv auf diesen Wert
auswirken.
Im Berichtsschwerpunkt Fairness werden insbesondere
Mindestlöhne als mögliches Sprungbrett zu besser bezahlten Arbeitsplätzen identifiziert.
Die Kommission empfiehlt jedoch, Standards zu Mindesteinkommen mit verstärkten
Arbeitsanreizen in Bezug auf den Eintritt in den Arbeitsmarkt zu kombinieren,
damit die Wirkung eines Mindesteinkommens auf die Armutsbekämpfung verbessert
werde.
Kurzarbeitsprogramme
Die Subventionierung eines Arbeitsplatzes über Kurzarbeitsprogramme
während eines wirtschaftlichen Abschwungs könne mehr als diesen einen
Arbeitsplatz retten, so lautet das Ergebnis der ersten Schätzungen: Zum Beispiel
durch die Möglichkeit für Unternehmerinnen und Unternehmer, Arbeitszeit für
mehr Mitarbeitende verkürzen zu können und damit Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer vor potentieller (Langzeit-)Arbeitslosigkeit zu bewahren. EU-weite
Solidaritätsmechanismen wie das SURE-Programm seien
vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse ein wichtiges politisches Instrument in
Krisenreaktionen.
Dem Bericht lagen Daten bis einschließlich zum Ende des
ersten Halbjahres 2020 vor. Die vollständige Veröffentlichung der Kommission erhalten
Sie hier.