Biologische Arbeitsstoffe
Streit um die Klassifizierung des Coronavirus geht weiter.
SW – 10/2020
Im Juni hatten sich die Abgeordneten des Ausschusses für
Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL) des Europäischen Parlamentes und die Europäische Kommission darauf
verständigt, SARS-CoV-2 als biologischen Arbeitsstoff der Risikogruppe 3 mit
zusätzlichen Garantien zum Schutz der Sicherheut und Gesundheit der
Arbeitnehmer einzustufen (siehe Bericht 6/2020). Die Änderung der Richtlinie
2000/54/EG über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische
Arbeitsstoffe bei der Arbeit trat am 24. Juni 2020 in Kraft und muss von den
Mitgliedstaaten bis zum 24. November 2020 umgesetzt werden.
Hiergegen
hat eine spanische Gewerkschaft von Pflegekräften (Sindicato de Enfermería - SATSE) Klage beim Europäischen Gerichtshof eingereicht. SATSE möchte erreichen, dass die
Einstufung des SARS-CoV-2 in Risikogruppe 3 für nichtig erklärt wird. Es gebe
keine wirksame Behandlung oder Vorbeugung gegen den biologischen Arbeitsstoff
SARS-CoV-2. Obwohl die Kommission anerkannt habe, dass es keine Impfung und
keine wirksame Behandlung gebe, sei SARS-CoV-2 ungeachtet der Bestimmungen des
Artikel 2 der Richtlinie statt in die Risikogruppe 4, in die Risikogruppe 3
eingestuft worden.
Artikel 2 der Richtlinie bezeichnet als biologische
Arbeitsstoffe der Gruppe 3 solche Stoffe, die eine schwere Krankheit beim
Menschen hervorrufen und eine ernste Gefahr für Arbeitnehmer darstellen können
und bei denen zwar die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung bestehen
kann, bei denen aber normalerweise eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung
möglich ist. Arbeitsstoffe der höchsten Risikogruppe 4 sind solche, die eine
schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen und eine ernste Gefahr für
Arbeitnehmer darstellen, bei denen jedoch die Gefahr einer Verbreitung in der
Bevölkerung unter Umständen groß ist und bei denen normalerweise eine wirksame
Vorbeugung oder Behandlung nicht möglich ist.
Nach Ansicht der Klägerin handelt es sich bei SARS-CoV-2 um
ein Virus, das als hoch ansteckend und mutierend eingestuft werde, so dass die
Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung unter Umständen groß sei. Das SARS-CoV-2
verursache schwere Erkrankungen und Symptome, es rufe
eine schwere Krankheit beim Menschen hervor und stelle eine ernste Gefahr für
Arbeitnehmer dar. Es bleibt abzuwarten
wie der Europäische Gerichtshof in der Sache entscheiden wird.
Hintergrund
Bereits einige Abgeordnete im EMPL-Ausschuss hatten eine
Einstufung des Virus in die höchste Risikogruppe 4 gefordert, um ein Höchstmaß
an Schutz für die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer zu gewährleisten. In der Ausschusssitzung hatte der zuständige
Kommissar, Nicolas Schmit, den Bedenken der Abgeordneten durch die Zusage
begegnen können, dass die EU-Kommission die Mitgliedstaaten auffordern werde,
dafür zu sorgen, dass allen Beschäftigten, die dem SARS-CoV-2 ausgesetzt sind, schriftliche
Anweisungen erteilt werden, wie dies in der Richtlinie bei Arbeiten mit einem
biologischen Arbeitsstoff der Gruppe 4 vorgesehen ist.