Schutz vor Asbest am Arbeitsplatz
Abgeordnete fordern weitreichende Maßnahmen.
SW – 10/2021
Das Europäische
Parlament hat am 20. Oktober 2021 seine Entschließung mit Empfehlungen an die Kommission zum
Schutz der Arbeitnehmer vor Asbest verabschiedet.
EU-Strategie zur Beseitigung von Asbest
Die
Abgeordneten fordern die EU-Kommission auf, eine europäische Strategie zur
Beseitigung von Asbest (ESRAA) vorzulegen. Die Strategie soll einen europäischen
Rahmen für nationale Strategien zur sicheren Beseitigung von Asbest in den
Mitgliedstaaten vorsehen, der auch einen Legislativvorschlag zur Einführung von
Mindeststandards für öffentlich zugängliche nationale Asbestregister umfassen
soll.
Als weiteren
Bestandteil der ESSRA fordern die Abgeordneten die Aktualisierung der
Richtlinie 2009/148/EG über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch
Asbest am Arbeitsplatz. Der Expositionsgrenzwert soll nach Vorstellung der
Abgeordneten auf 1 000 Fasern/m3 (0,001 Fasern/cm3) festgesetzt werden. Die
derzeitige Mindestnorm der EU sieht einen Arbeitsplatzgrenzwert für Asbest von
100 000 Fasern pro m3 (0,1 Fasern/cm3) vor.
Sehr weitreichend, auch im Hinblick auf die Unionskompetenzen im Bereich der Sozialpolitik, sind die Forderungen der Abgeordneten zur Anerkennung
von Berufskrankheiten. Die Kommission soll einen Legislativvorschlag zur
Anerkennung von Berufskrankheiten, einschließlich aller bekannten asbestbedingten
Krankheiten, vorlegen, mit Mindestanforderungen für Anerkennungsverfahren sowie Mindestnormen
zur Entschädigung der Opfer asbestbedingter Berufskrankheiten.
Die Mitgliedliedstaaten
werden aufgefordert, eine angemessene Entschädigung für Arbeitnehmer vorzusehen,
die an asbestbedingten Krankheiten leiden und die Anerkennungsverfahren zu
vereinfachen. Die Anerkennung und Entschädigung für dokumentierte
Opfer einer Exposition aus zweiter Hand durch nicht beruflichen Kontakt mit
Asbest sollen erleichtert werden.
Des Weiteren fordern die Parlamentarier die Aktualisierung der
Richtlinie 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden. Ziel ist
die Einführung einer Verpflichtung zur obligatorischen Kontrolle und
anschließenden Beseitigung von Asbest und anderen gefährlichen Stoffen vor
Beginn der Renovierungsarbeiten, um die Gesundheit der Bauarbeiter zu schützen.
Auch streben die Abgeordneten die obligatorische Überprüfung von Gebäuden vor
dem Verkauf oder der Anmietung und die Ausstellung von Asbestzertifikaten für
Gebäude, die vor 2005 errichtet wurden, an.
Arbeitsinspektionen und Sanktionen
In seinem Bericht
hebt das Europäische Parlament die Rolle der Arbeitsaufsicht hervor. Diese sei
nicht nur entscheidend im Hinblick auf Vorbeugung und Kontrolle von
Asbestexpositionen, sondern würde auch zur Verbesserung der Information und
Erweiterung des Fachwissens auf Unternehmensebene beitragen. Nicht zufrieden
zeigen sich die Parlamentarier mit der Zahl der Arbeitsinspektoren. Nach ihrer
Einschätzung sollten die Mitgliedstaaten weit über die von der Internationalen
Arbeitsorganisation empfohlenen Zahl von einem Inspektor pro 10 000 Arbeitnehmer
hinausgehen und die Häufigkeit der Inspektionen erhöhen. Notwendig sei auch,
dass die Mitgliedstaaten wirksame und
abschreckende Sanktionen gegen Unternehmen verhängen, die ihren Verpflichtungen
in Bezug auf Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz nicht nachkommen.
Nächste Schritte
Die
EU-Kommission hatte bereits im Aktionsplan zur Umsetzung der Europäischen Säule
sozialer Rechte und im strategischen Rahmen der EU für Gesundheit und
Sicherheit am Arbeitsplatz 2021 – 2027 angekündigt im Jahr 2022 einen
Legislativvorschlag zur Reduzierung der Exposition von Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmern gegenüber Asbest vorzulegen, vorbehaltlich des Ergebnisses der
zum 30. September 2021 beendeten Konsultation der Sozialpartner (siehe
Berichte 04/2021 und 7/2021).
Im gerade veröffentlichten Arbeitsprogramm de4 EU-Kommission für 2022 wurde die
Initiative für das dritte Quartal angekündigt.
Das Europäische
Parlament besitzt nach Artikel 225 AEUV lediglich ein indirektes
Initiativrecht. Es kann die EU-Kommission auffordern, geeignete Vorschläge zu
Fragen vorzulegen, die nach seiner Einschätzung die Ausarbeitung eines
Unionsakts zur Durchführung der Verträge erfordern. Legt die EU-Kommission
keinen Vorschlag vor, so teilt sie dem Europäischen Parlament die Gründe hierfür
mit.