Mehr Schutz vor krebserzeugenden Stoffen am Arbeitsplatz
Europäisches Parlament und Rat erzielen vorläufige Einigung.
SW – 01/2022
Noch unter
slowenischem Ratsvorsitz haben die Verhandlungsführer von Europäischem Parlament und Rat eine vorläufige Einigung über den Entwurf einer vierten Änderungsrichtlinie
zur Richtlinie 2004/37/EG über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung
durch Karzinogene oder Mutagene bei der Arbeit erzielt. Der Kompromiss geht über
den von der Kommission im September 2020 vorgelegten Vorschlag hinaus (siehe auch Bericht 10/2020).
Neue Stoffe und niedrigere Expositionswerte
Zum Schutz vor
Krebserkrankungen am Arbeitsplatz sollen für drei krebserzeugende Stoffe Expositionsgrenzwerte
eingeführt, bzw. nach unten korrigiert werden. Für Acrylnitril, das zum
Beispiel in Klebstoffen und Lösungsmitteln vorkommt, und Nickelverbindungen sollen
neue Grenzwerte für die Exposition am Arbeitsplatz festgelegt werden. Nickelverbindungen
finden sich unter anderem in vielen Industrie- und Konsumgütern. Der bestehende
Grenzwert für Benzol, das unter anderem bei der Herstellung von Arzneimitteln
und Kunststoffen verwendet wird und in Benzin enthalten ist, soll verringert
werden.
Erweiterung des Anwendungsbereichs
Neben der Festlegung
der Expositionsgrenzwerte für Acrylnitril- und Nickelverbindungen und der
Senkung des Grenzwertes für Benzol haben sich die Verhandlungsführer des Rats und
die des Europäischen Parlaments auch darauf geeinigt, den Anwendungsbereich der
Richtlinie auf reproduktionstoxische Stoffe auszudehnen. Diese Stoffe haben
nachteilige Auswirkungen auf die Fortpflanzung und können die Fruchtbarkeit
beeinträchtigen oder Unfruchtbarkeit verursachen. Die Abgeordneten des zuständigen
Ausschuss „Beschäftigung und soziale Angelegenheiten“ des Europäischen
Parlaments hatten dies in ihrer Position gefordert (siehe Bericht 04/2021).
Die Richtlinie
soll in „Richtlinie über Karzinogene, Mutagene und fortpflanzungsgefährdende
Stoffe (CMRD)“ umbenannt werden. Grenzwerte für zwölf reproduktionstoxische
Stoffe, die derzeit in anderen EU-Gesetzen behandelt werden, sollen in die
strengere EU-Richtlinie über Karzinogene und Mutagene einbezogen werden.
Besserer Schutz vor gefährlichen Arzneimitteln
Im Hinblick auf
gefährliche Arzneimittel hat man sich darauf verständigt, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
die mit krebserzeugenden, erbgutverändernden oder fortpflanzungsgefährdenden
Arzneimitteln zu tun haben, besser darin geschult werden sollen, wie sie sicher
mit diesen umgehen können. Die Kommission soll nach Anhörung von
Interessengruppen Leitlinien und Praxisstandards für die Zubereitung,
Verabreichung und Entsorgung gefährlicher Arzneimittel am Arbeitsplatz
erstellen.
Hintergrund
Die
EU-Kommission hatte als Teil des europäischen Plans zur Bekämpfung des Krebs am
22. September 2020 vorgeschlagen, die EU-Richtlinie über Karzinogene und
Mutagene zu überarbeiten. Nach Angaben der Kommission sind Krebserkrankungen
die häufigste arbeitsbedingte Todesursache in der EU, 52 Prozent der
arbeitsbedingten Todesfälle in der EU seien auf Krebs
zurückzuführen. Über eine Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer seien gegenwärtig
an ihrem Arbeitsplatz Acrylnitril, Nickelverbindungen oder Benzol ausgesetzt.
Nächste Schritte
Der Kompromiss muss
nun vom Europäischen Parlament und vom Rat formell bestätigt werden.