COVID-19 – Arbeitsunfall oder Berufskrankheit?
Kurzbericht gibt Überblick zur Regelung in neun europäischen Ländern
SW – 07/2022
EUROGIP hat einen Kurzbericht über die Anerkennung von COVID-19 als
Arbeitsunfall und/oder Berufskrankheit in neun europäischen Ländern
veröffentlicht. EUROGIP ist eine öffentliche Interessenvereinigung für Fragen
im Zusammenhang mit der Prävention und Versicherung von Arbeitsunfällen und
Berufskrankheiten, die 1991 von der französischen Krankenkasse für Arbeitnehmer
(CNAMTS) und dem Nationalen Institut für Forschung und Sicherheit (INRS) als
Teil der Abteilung "Arbeitsunfälle" des Systems der sozialen
Sicherheit gegründet wurde.
Umfang der Untersuchung
Der Kurzbericht aktualisiert eine zu Beginn der Pandemie im Mai 2020
veröffentlichte Information über die Anerkennung von COVID-19 als Arbeitsunfall
oder Berufskrankheit. Untersucht wurde die Situation in Deutschland, Belgien,
Dänemark, Spanien, Finnland, Frankreich, Italien, Luxemburg und Schweden. Zusammenfassend
kommt der Bericht zu dem Ergebnis, dass in den meisten der genannten Länder die
Versicherungen gegen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten die Infektion mit
SARS-COV-2 in ihr bestehendes System der Anerkennung von Arbeitsunfällen und
Berufskrankheiten aufgenommen haben. Geltende nationale Regelungen wurden nicht
geändert.
Ergebnisse
Zur Einleitung des Verfahrens einer möglichen Anerkennung von COVID-19
als Arbeitsunfall oder Berufskrankheit sei in den meisten Ländern nur ein
positiver Test erforderlich. In Frankreich könnten hingegen nur schwere Formen
von COVID-19 anerkannt werden. In Deutschland sei zur Anerkennung mindestens
ein relevantes Symptom erforderlich.
Überwiegend werde COVID-19 eher als Berufskrankheit denn als
Arbeitsunfall angesehen. In manchen Ländern könne es sich nach entsprechenden
Voraussetzungen um eine Berufskrankheit oder einen Arbeitsunfall handeln. So
komme z.B. in Deutschland eine Anerkennung als Berufskrankheit für Personal in stationären oder ambulanten
medizinischen Einrichtungen der Human- und Zahnmedizin, in
wohlfahrtspflegerischen Einrichtungen und Laboratorien in Betracht,
vorausgesetzt alle weiteren Bedingungen sind erfüllt. Für andere Beschäftigte könnte
die Erkrankung hingegen nur als Arbeitsunfall anerkannt werden. In Dänemark
hänge die Anerkennung als Berufskrankheit unter anderem davon ab, ob die Exposition
länger als fünf Tage gedauert hat, andernfalls wäre das Vorliegen eines
Arbeitsunfalls zu prüfen.
Hinsichtlich der Beweislast gelte für Gesundheitspersonal überall eine unterschiedlich
weit reichende rechtliche oder faktische Vermutung des beruflichen Ursprungs der
Infektion. Für die anderen Kategorien von Beschäftigten, für die eine solche
Vermutung nicht gelte, müssten die an COVID-19 erkrankten Personen beweisen, dass
ihre Infektion im Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz steht. In Schweden wiederum
sei die Anerkennung ausschließlich dem Gesundheitspersonal und den Labormitarbeitenden
vorbehalten.
Nach dem Bericht seien in den untersuchten Ländern keine besonderen
Entschädigungssysteme geschaffen worden. Die Leistungen entsprächen denen, die
im Allgemeinen für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten vorgesehen seien, wie
die Erstattung der Kosten für medizinische Versorgung, Tagegeld bei
vorübergehender Invalidität, Kapitalzahlung und/oder Renten bei dauerhafter
Invalidität oder Tod.
Hintergrund
Am 18. Mai 2022 hat sich der Beratende Ausschuss für Sicherheit und
Gesundheit am Arbeitsplatz (ACSH) darauf geeinigt, dass COVID-19 in den
Bereichen Gesundheit, Soziales und häusliche Betreuung sowie in Branchen mit
nachweislich erhöhtem Infektionsrisiko als Berufskrankheit anerkannt werden
sollte. Das Gremium aus Vertreterinnen und Vertretern der
Mitgliedstaaten der EU und der Sozialpartner sprach sich dafür aus, die EU-Liste
der Berufskrankheiten entsprechend zu aktualisieren (siehe Bericht 5/2022).
Eine nach Ländern aufgeschlüsselte Tabelle fasst die wesentlichen
Ergebnisse der Untersuchung zusammen. Der Kurzbericht kann unter folgendem Link abgerufen werden.