Apps auf Rezept
Evaluation und Zulassung in Europa
UM – 01/2023
Der Markt für Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) ist in
Europa groß. Dass solche Anwendungen – auch „Gesundheits-Apps“ genannt – durch
Krankenkassen erstattet werden, gilt jedoch nur für einen kleinen Teil der
Angebote. Ein Grund dafür ist, dass die Bewertung digitaler Medizintechnik für
eine mögliche Kostenerstattung eine große Herausforderung darstellt. So heißt
es in dem 217 Seiten umfassenden Bericht
„Evaluation of digital medical technologies“ des belgischen Wissenszentrums
für das Gesundheitswesen (KCE) vom 13. Januar.
Kostenerstattung DiGAs
Auftraggeber der Untersuchung war das belgische Landesinstitut
für Kranken- und Invalidenversicherung (INAMI). Mit der Untersuchung soll
erhoben werden, wie in einzelnen EU-Mitgliedstaaten vorgegangen wird, um DiGAs
für die Kostenerstattung durch Krankenkassen zu erschließen. Erst im April des
vergangenen Jahres hatte die belgische Krankenversicherung eine erste
Gesundheits-App erstattet (siehe
DSV-News 04/2022). Dennoch scheinen Fragen offen zu sein. Dies sei nicht
überraschend, so das KCE. DiGAs würden sich nicht für die traditionellen
Bewertungs- und Entscheidungsverfahren eignen. In Belgien gäbe es derzeit kein
gut entwickeltes Verfahren für die App-Erstattung.
Vorreiter Deutschland
Deutschland gehört hier zu den Vorreitern und hat mit dem Digitale-Versorgung-Gesetz
(DVG) die Grundlage geschaffen, dass seit September 2020 geprüfte DiGAs den
Krankenkassen erstattet werden können. Dazu müssen ihre Wirksamkeit vom
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) anhand festgelegter
Kriterien geprüft und in ein DiGA-Verzeichnis aufgenommen werden. Dieses
umfasst zurzeit etwa 40 Produkte. Viele werden
zunächst im Rahmen einer Erprobungsregelung (Fast Track Verfahren) in die Liste
der erstattungsfähigen DiGAs aufgenommen, aber wieder gestrichen, wenn sich
kein Mehrnutzen erweist. Die Erstattungsfähigkeit ist somit zunächst vorläufig.
Evaluationsverfahren unterscheiden sich deutlich
Neben Deutschland wird in dem Bericht auch beleuchtet, wie
in England, Frankreich, Finnland und den Niederlanden vorgegangen wird. Alle
haben ein weit entwickeltes Evaluations- und Zulassungsverfahren für DiGAs
entwickelt. Unterschiede bestehen aber zum Beispiel bei der Länge der
Zulassungsverfahren; in Finnland und Deutschland sind sie mit zwei bis drei
Monaten besonders schnell.
Unterschiede finden sich auch hinsichtlich der
Spezifizierung des Evidenznachweises. In den Niederlanden oder in Finnland sind
die Evidenzanforderungen offen formuliert, um einen flexibleren Umgang zu
gestatten. Die Verfahren unterscheiden sich zudem darin, ob die
Preisverhandlungen im Rahmen der Evaluation erfolgen. In Frankreich passiert dies
erst danach. In Deutschland bestimmt der Hersteller im ersten Jahr nach
Marktzulassung den Preis. Erst im Anschluss erfolgen Preisverhandlung unter
Berücksichtigung von Kosten-Nutzen-Überlegungen. England hingegen fordert vor
der Zulassung Kosten-Wirksamkeits-Beweise, während in Finnland häufig einfache
Preis- und Kosteninformationen genügen.