Europäisches Semester 2023
Beschäftigungs- und sozialpolitische Prioritäten
MB – 03/2023
Der Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten (EMPL) hat im
Januar den Entwurf
eines Berichts „Europäisches Semester für die wirtschaftliche Koordinierung:
Beschäftigungs- und sozialpolitische Prioritäten für 2023“ erstellt, der am 14. März
Gegenstand einer Debatte im Europäischen Parlament war. Das Parlament hat
den Bericht angenommen.
Europäisches Semester
Das Europäische Semester für
die Koordinierung der Wirtschaftspolitik wurde 2011 eingeführt. Es hat festgelegte Abläufe von
einer Vorbereitungs- bis zu einer Durchführungsphase. Die vorgenannte Debatte
erfolgte im Rahmen der Abstimmung der politischen Leitlinien, bei der im
Europäischen Parlament eine Stellungnahme zu den beschäftigungspolitischen
Leitlinien abgestimmt wird.
Bericht des Ausschusses
Einleitend beschreibt der Bericht
die Ausgangssituation und sieht die EU in einem weiteren Jahr der Krise. Im
Nachgang zur COVID-19-Pandemie, den Folgen des Klima- und digitalen Wandels
folgt nun – ausgelöst durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine –
das Problem der Energie- und Erwerbstätigenarmut in den einzelnen
Mitgliedstaaten:
- Energiearmut, weil immer mehr Unionsbürgerinnen und
-bürger Probleme bei der Begleichung ihrer Gas- und Stromrechnungen haben;
- Erwerbstätigenarmut, weil die hohe Inflationsrate
nicht durch Lohnerhöhungen ausgeglichen werden kann und somit die Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer an Kaufkraft verlieren.
Die beiden vorgenannten Probleme verstärken somit die sozialen
Ungleichheiten innerhalb der EU sowie innerhalb der Mitgliedstaaten. Dies läuft
der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung als einer der Zielsetzungen aus Art. 9 AEUV entgegen.
Soziale Ausrichtung
Aus Sicht des Ausschusses muss das Europäische Semester 2023 darauf eine
Antwort finden. Daher sollte es in diesem Jahr eine starke soziale Dimension haben.
Konkret verbindet der Ausschuss dies u.a. mit folgenden Forderungen:
- Umgehende Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2041 zu Mindestlöhnen durch die Mitgliedstaaten,
- Schaffung des dauerhaften Instruments “Support to mitigate Unemployment
Risks in an Emergency” (SURE-Instrument),
- Umwandlung der Rats-Empfehlung über eine
Mindesteinkommensregelung in eine Richtlinie.
Andere Ansatzpunkte des Ausschusses sind bereits Gegenstand der aktuellen
politischen Diskussion in Deutschland, da innerhalb der Bundesregierung
gegenwärtig über die notwendigen Mittel für eine Kindergrundsicherung
diskutiert wird bzw. Regelungen, die insbesondere den bezahlbaren Zugang zu Energie sicher stellen sollen, bereits in Kraft sind.
Klimawandel und EU-Industriestrategie sollen berücksichtigt werden
Der EMPL begrüßt den Vorschlag der Europäischen Kommission, wonach
Ausgaben und Investitionen in die Sozialversicherungssysteme bei der Berechnung
des Defizits nach den „Maastricht Kriterien“ ausgenommen werden. Die
Ausschussmitglieder fordern, dass auf mitgliedstaatlicher Ebene mit
finanzieller Unterstützung der EU die Sozialversicherungssysteme im Hinblick
auf den Klimawandel angepasst werden, etwa
mit Blick auf die Absicherung im Krankheitsfall bei Ereignissen, die in
Zusammenhang mit dem Klimawandel stehen.
Die EU-Industriestrategie sollte dem
ebenfalls insofern Rechnung tragen, dass auch hier im Rahmen „guter
Arbeitsbedingungen“ der Gesundheit, der Sicherheit am Arbeitsplatz und der
sozialen Absicherung Rechnung getragen wird. In diesem Zusammenhang dürfte auch
die Forderung nach einer neuen Richtlinie über die psychische Gesundheit zur
Vermeidung von psychosozialen Risiken am Arbeitsplatz stehen (siehe
auch News 2/2023). Das Parlament hat den Bericht angenommen (Abstimmungsergebnis).