
Telearbeit und ihre rechtlichen Hürden
EUROGIP Studie über die Behandlung von Arbeitsunfällen in sieben europäischen Ländern
UV – 05/2023
EUROGIP hat im März dieses Jahres eine Studie
über die Behandlung von Arbeitsunfällen am Telearbeitsplatz veröffentlicht und
ermöglicht damit einen Überblick über die diesbezügliche Situation in sieben
europäischen Ländern. EUROGIP ist eine öffentliche Interessenvertretung für
Fragen im Zusammenhang mit der Prävention und Versicherung von Arbeitsunfällen
und Berufskrankheiten, die 1991 von der französischen Krankenkasse für
Arbeitnehmer (CNAMTS) und dem Nationalen Institut für Forschung und Sicherheit
(INRS) gegründet wurde. Gegenstand der Studie sind der rechtliche Umgang mit
Arbeitsunfällen am Telearbeitsplatz und die damit verbundenen Fragen zum Umfang
des Versicherungsschutzes von Beschäftigten und zu den konkreten Arbeitgeberpflichten
für einen angemessenen Arbeitsschutz am Telearbeitsplatz. Dabei konzentriert
sich die Studie auf Telearbeitsplätze, das heißt, die Arbeit an einem fest
eingerichteten Arbeitsplatz im häuslichen Umfeld. Andere Formen der Fernarbeit werden
ausgeklammert.
Europäische Arbeitswelt im Wandel
Die Arbeitswelt hat in den letzten
Jahren tiefgreifende Veränderungen erfahren. Im Rahmen der Pandemie arbeiteten
mehr Beschäftigte als jemals zuvor von zu Hause aus. Auch in Zukunft werden
laut EUROGIP eine große Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Europa
regelmäßig oder, im Rahmen eines hybriden Modells, gelegentlich Telearbeit
verrichten. Laut der Rahmenrichtlinie über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei
der Arbeit, sollen Arbeitgeber für die Gesundheit und Sicherheit ihrer
Beschäftigten grundsätzlich auch bei der Ausübung von Fernarbeit verantwortlich
bleiben. Die nationale Ausgestaltung zeigt dabei wesentliche Unterschiede in
der Umsetzung. So wurden zum Beispiel in Deutschland, Österreich, Frankreich,
Italien und Finnland rechtliche Regelungen für den Begriff des Arbeitsunfalles
etabliert. In Frankreich und Spanien wurde die Vermutungsregel, dass jeder
Unfall am Arbeitsplatz zu Arbeitszeiten als Arbeitsunfall gewertet wird, auch
auf den Telearbeitsplatz übertragen. In anderen Ländern wird hingegen eine
differenzierte Lösung gesucht. Es bestehen jedoch viele “Grauzonen“, die mit
der Schwierigkeit zusammenhängen, private und arbeitsbezogene Tätigkeiten im
häuslichen Umfeld klar zu trennen, um den Versicherungsschutz des Beschäftigten
klarer bestimmen zu können. Daher ist nicht nur der Umgang mit Wegeunfällen
uneinheitlich, sondern auch im Hinblick auf die Ausstattung von
Telearbeitsplätzen. In der Hälfte der in die Studie einbezogenen Länder ist der
Arbeitgeber nicht verpflichtet, eine ergonomische Ausstattung zur Verfügung zu
stellen. In Deutschland wird der Arbeitgeber bereits verpflichtet einen
Telearbeitsplatz einzurichten, während beispielsweise Österreich auf
steuerliche Vergünstigungen für Beschäftigte setzt, wenn sie sich selbst einen Telearbeitsplatz einrichten.
Die europäischen Sozialpartner haben 2022 Verhandlungen zur Überarbeitung der
europäischen Rahmenvereinbarung zu Telearbeit aufgenommen, welche künftig unter anderem das
Recht auf eine angemessene Arbeitsausstattung und das Recht auf
Nichterreichbarkeit erfassen soll.
Regelungen zur Telearbeit in Deutschland
Der Begriff der Telearbeit ist in Deutschland rechtlich
definiert und bedeutet, dass der Arbeitgeber einen fest eingerichteten
Bildschirmarbeitsplatz inklusive Mobiliar im Privatbereich des Beschäftigten
zur Verfügung stellt. Die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung steht
bei der Telearbeit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dazu
gehören auch besondere Aktivitäten wie Betriebssport oder betriebliche
Gemeinschaftsveranstaltungen, wenn sie virtuell durchgeführt werden. Für einen äquivalenten
Schutz am Telearbeitsplatz haben sich auch Österreich und Italien unter
bestimmten Voraussetzungen entschieden. Es bleibt abzuwarten, ob und inwieweit europäische
Initiativen dies in Zukunft weiter beeinflussen werden.