
Besserer Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Asbest
Politische Einigung im 4. Triolog
MB – 07/2023
Am 27. Juni haben der Rat und das Europäische Parlament eine vorläufige Einigung zum besseren Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gegen die Gefährdung durch Asbest erreicht. Nunmehr müssen die Botschafterinnen und Botschafter der Mitgliedstaaten im Ausschuss der Ständigen Vertreter die Einigung billigen, bevor der Text der Richtlinie entsprechend angepasst und in der nächsten Ratstagung endgültig angenommen wird. Danach haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, die modifizierte Richtlinie umzusetzen mit Ausnahme der Pflicht zur Einführung der Elektronenmikroskopie; hierfür sollen den Mitgliedsaaten sechs Jahre eingeräumt werden.
Der Weg zur Einigung
Am 28. September 2022 hatte die Europäische Kommission den Vorschlag für eine Änderung der Richtlinie 2009/148/EG über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Asbest bei der Arbeit vorgelegt. Am 27. April 2023 nahm der Ausschuss für Beschäftigung und Soziales seinen Bericht und einen Beschluss über die Aufnahme von interinstitutionellen Verhandlungen an und das Mandat wurde endgültig im Mai 2023 im Europäischen Parlament gebilligt. Der Rat hat sich bereits am 8. Dezember 2022 auf eine Position geeinigt, die weitestgehend mit den Vorstellungen der Europäischen Kommission übereinstimmten.
Nach vier Trilog-Runden konnte eine Einigung erzielt werden, wobei zunächst die
Positionen vom Europäischen Parlament und Rat unvereinbar schienen. Das war unter anderem darin
begründet, dass das Europäische Parlament den Arbeitsplatzgrenzwert ohne Übergangszeit von 0,1
Fasern pro cm³ (f/cm³) auf 0,01 f/cm³ herabsetzen wollte. Auch die Nachweismethodik wollte das Europäische Parlament wesentlich
schneller ändern als die Europäische Kommission und der Rat dies wollten. Nach den
Vorstellungen des Europäischen Parlaments sollte der Übergang in vier Jahren erfolgen; nach
Einführung der neuen Messtechnik sollte der Grenzwerte dann sogar auf 0,001 f/cm³ verringert werden. Neben diesen Hauptforderungen gab es noch weitere Wünsche der Europaabgeordneten, über die man sich jetzt einigen konnte.
Die Einigung
Der Höchstwert der
Exposition wird auf 0,01 f/ cm3 verringert. Dieser Wert soll zukünftig durch die Elektronenmikroskopie gemessen
und die bisherige Phasenkontrastmikroskopie ersetzt werden. Durch die neue
Messmethode können auch dünne Asbestfasern gemessen werden. Die Übergangszeit
für den Methodenwechsel beträgt höchstens sechs Jahre, nachdem der
ursprüngliche Vorschlag der Europäischen Kommission sieben Jahre vorsah. Nach der Einführung der
Elektronenmikroskopie sind zwei Optionen zulässig:
- Dünne Asbestfasern werden auch gemessen. In diesem Fall bleibt der Expositionshöchstwert bei 0,01 f/cm³.
- Dünne Asbestfasern werden nicht
gemessen. In diesem Fall wird der Expositionshöchstwert auf 0,002 f/cm³ verringert.
Daneben wurden noch verbesserte
Vorbeuge- und Schutzmaßnahmen vereinbart. Dazu gehört die Genehmigungspflicht von
Abbruch – oder Asbestsanierungsarbeiten sowie die Ermittlung von
asbestverseuchten Materialen im Vorfeld von solchen Arbeiten. Dies betrifft
insbesondere Gebäude, die vor dem jeweiligen nationalen Asbestverbot gebaut
wurden. Auch der Schutz der Beschäftigten, die
Asbest aktiv oder passiv ausgesetzt sind, soll verbessert werden, indem
obligatorische Schulungen nach EU-weiten Mindeststandards durchgeführt werden.
Ferner sollen diese Beschäftigten persönliche Schutzausrüstungen zur Verfügung gestellt
werden. Abschließend bestand Einvernehmen, dass die
Mitgliedstaaten ein öffentliches Register über asbestbedingte Berufserkrankungen
führen müssen.
Die Einigung im Gesamtkontext
Der verbesserte Schutz gegen die
Asbestgefährdung ist Bestandteil des europäischen
Plans zur Krebsbekämpfung und des Null-Schadstoff-Aktionsplans. Die Einigung trägt aber auch der Europäischen
Säule Sozialer Rechte (ESSR) Rechnung, da durch die geringere
Gefährdung durch Asbest der Grundsatz 10 der ESSR beherzigt wird. Durch die
Reduzierung der Grenzwerte sowie die vorgenannten verbesserten
Ausbildungs- /Schutzmaßnahmen wird das Arbeitsumfeld dieser Beschäftigten
sicherer und damit ihre gesundheitliche Gefährdung verringert. Somit führt der
Klimaschutz, dem unter anderem durch das generelle Asbestverbot in der EU von
2005 Rechnung getragen wird, durch die Neufassung der Richtlinie 2009/148/EG zu
einem besseren Arbeitsschutz der Beschäftigten.