Ein neuer Rahmen soll die Qualität von Praktika erhöhen.

06/2024

Viele junge Europäerinnen und Europäer nutzen vor, während oder nach ihrer Ausbildung die Möglichkeit eines Praktikums. Dabei bietet der Binnenmarkt der Europäischen Union (EU) die Chance, Arbeitserfahrungen auch in anderen Mitgliedstaaten zu sammeln. Doch nur die Hälfte der ungefähr 1,6 Millionen Praktika werden vergütet. Das Thema wurde von der Europäischen Kommission nach Aufforderung des Europäischen Parlaments aufgegriffen.


Die in der Entschließung des Parlamentes vom 14. Juni 2023 thematisierten Aspekte umfassen die prekäre Situation vieler Praktikantinnen und Praktikanten, die sich in unbezahlten Langzeitbeschäftigungen befinden. Weitere Herausforderungen sind deren ungleiche Stellung im Vergleich zu Festangestellten, die hohe Arbeitsbelastung sowie die fehlende soziale Absicherung. Des Weiteren wird kritisiert, dass Praktikantinnen und Praktikanten häufig keine Lerninhalte vermittelt werden, sondern sie reguläres Personal ersetzen.


Am 20. März präsentierte die Europäische Kommission zwei Vorschläge und Maßnahmen zu Verbesserung der Praktika innerhalb der EU. Einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Verbesserung und Durchsetzung der Arbeitsbedingungen von Praktikantinnen und Praktikanten und zur Bekämpfung von Scheinpraktika sowie einen Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zu einem verstärkten Qualitätsrahmen für Praktika. In der Stellungnahme der DSV werden die Bemühungen der Kommission der Verbesserung der Arbeitsbedingung und Sozialschutz in Praktika begrüßt.

Besser informiert – vorbeugende Maßnahme

Im Kampf gegen Scheinpraktika geht es aber nicht nur um die Verbesserung von Arbeitsbedingungen, sondern auch um den Sozialschutz. Es soll verhindert werden, dass Sozialversicherungsbeträge entfallen werden. Die Mitgliedstaaten werden dazu angehalten, sich einen allgemeinen Überblick über die Praktikumsverhältnisse zu machen. Um Transparenz beim Sozialschutz zu schaffen, werden beispielsweise Arbeitgeber verpflichtet, Informationen zum Sozialschutz in den Stellenausschreibungen für Praktika aufzuführen.


Die DSV hat in ihrer Stellungnahme vom 18. Juni 2024 kritisiert, dass der Ansatz der Informationsverbreitung nicht universell anwendbar ist und es einer individuellen versicherungsrechtlichen Beurteilung bedarf. Denn die Versicherungsbedingungen unterscheiden sich in den verschiedenen Mitgliedsstaaten stark voneinander. Und schon in Deutschland zeigen sich je nach Praktikum und Versicherungszweig Unterschiede. So werden beispielsweise freiwillige und in der Ausbildung verpflichtende Praktika in der Arbeitslosen-, Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung unterschiedlich behandelt. In der Unfallversicherung wird der Versicherungsschutz jeweils über das Praktikumsunternehmen gesichert. Zudem ist fraglich, ob dieser Weg zur Verbreitung von Informationen ausreichend ist. Im Sinne der deutschen Sozialversicherung wäre es, dass weitere Informationswege ausgebaut werden, beispielsweise über die von den Mitgliedstaaten gesetzten Leitlinien.

Zusammenspiel zwischen Alt und Neu – die Praktikumsvereinbarung

Der Rat empfiehlt Kriterien, die von den Mitgliedstaaten den Bedürfnissen entsprechend, flexibel angepasst und übernommen werden können. Dabei ist die Praktikumsvereinbarung als Informationsinstrument im Fokus der Empfehlung. Die Vereinbarungen sollen dabei verbindliche, in der EU geltende Elemente zu Arbeits- und Sozialschutz übernehmen. Die Vereinbarungen sollen den Praktikanten vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden. Neu ist unter dem Punkt des Sozialschutzes die Aufnahme des Versicherungsschutzes bei Krankheit sowie Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Dies begrüßt die DSV. Hervorgehoben wird jedoch, dass die aktuellen Formulierungen möglicherweise Informationslücken zulassen, denn es wird nicht genauer auf die Elemente eingegangen. 

Praktika – was bedeutet das?

Aktuell gibt es keine einheitliche Definition von Praktika innerhalb der EU. Deshalb plädiert die DSV dafür, die aktuell übereinstimmenden Begrifflichkeiten in dem Richtlinienvorschlag sowie den Empfehlungen des Rates in einem kohärenten Zusammenhang auch im weiteren Überarbeitungsverlauf beizubehalten. In den Vorschlägen der Kommissionen sind die Begrifflichkeiten des Praktikums nicht deckungsgleich. Die grundlegenden Elemente unterscheiden sich jedoch nicht voneinander.

Weiteres Vorgehen

Im weiteren Verlauf des Prozesses werden die Richtlinienvorschläge der Kommission dem Europäischen Parlament, den Mitgliedsstaaten und dem Rat zur Beratung vorgelegt. Wenn der Vorschlag angenommen wird, haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, ihn in nationales Recht umzusetzen.

Genaueres über die Position der DSV finden sie in der Stellungsnahme zu den Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Praktikantinnen und Praktikanten in der EU.