Ursula von der Leyen stellt Kommissionskollegium vor.

HS – 09/2024

Am 17. September hat Ursula von der Leyen ihr designiertes Kollegium der 26 Kommissarinnen und Kommissare vorgestellt. Die neue Kommission hat eine Hierarchieebene weniger als die der letzten Legislaturperiode, in der es neben den ordentlichen Kommissarinnen und Kommissaren sowohl exekutive als auch nicht-exekutive Vizepräsidentinnen und -präsidenten gab. Im designierten Kollegium sind 14 Kommissarinnen und Kommissare der Europäischen Volkspartei, fünf Liberale, vier der Sozialdemokraten und einer der Rechtskonservativen vertreten.

Schlankere Struktur

Die neue Struktur mit flacheren Hierarchien soll zu mehr Austausch und Zusammenarbeit untereinander führen. Das ergibt sich auch aus den Portfolios und Mission Letters der designierten Kommissarinnen und Kommissare. Diese sehen kaum alleinige Zuständigkeiten für ein Ressort oder Thema vor. Stattdessen werden viele­­­­, insbesondere gewichtige Verantwortlichkeiten, unter verschiedenen Kommissionmitgliedern aufgeteilt. Dadurch wird es – anders als in den letzten fünf Jahren – unwahrscheinlich, dass ein einzelnes Mitglied des Kollegiums überdurchschnittlich viel Macht auf sich versammeln kann. Dies bedeutete gleichzeitig mehr Macht und Kontrolle für von der Leyen, bei der als Präsidentin die Fäden zusammenlaufen und die im Fall von Uneinigkeiten zwischen den Kommissionmitgliedern die letzte Entscheidung trifft.

Thematische Schwerpunkte

Bei der Vorstellung des Kollegiums hat Ursula von der Leyen sechs Prioritäten genannt, die sich in den Titeln der sechs exekutiven Vizepräsidentinnen und -präsidenten niederschlagen: „Clean, Just and Competitive Transition”, „Tech Sovereignty, Security and Democracy”, „Prosperity and Industrial Strategy”, „People, Skills and Preparedness“ und „Cohesion and Reforms”; außerdem kommt der Hohen Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik die Rolle einer exekutiven Vizepräsidentin zu. Unter den sechs Vizepräsidentinnen und -präsidenten finden sich vier Frauen und zwei Männer – eine Umkehrung der im Kollegium insgesamt 40 Prozent Frauen und 60 Prozent Männern.

Soziales bei einer Vizepräsidentin

Das Portfolio „People, Skills and Preparedness“ soll unter anderem soziale Rechte, Beschäftigung und (Aus-, Fort- und Weiter-) Bildung umfassen und der Rumänin Roxana Mînzatu zukommen. Es bleibt abzuwarten, ob die Mitglieder des Europäischen Parlaments bei ihrer Anhörung Druck machen, sodass der Titel geändert und „Soziales“ – wie in der Vergangenheit üblich – aufgenommen wird. Mînzatu soll laut ihrem Mission Letter unter anderem einen neuen Aktionsplan zur weiteren Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte erarbeiten. Ihr sollen zwei Generaldirektorate unterstehen, die Generaldirektion Beschäftigung, Soziales und Integration (EMPL) sowie die Generaldirektion Bildung, Jugend, Sport und Kultur (EAC). Ausschließlich ihr zuarbeiten soll Glenn Micallef, der designierte Kommissar für „Intergenerational Fairness, Youth, Culture and Sport“.

Gesundheit bei Ungarn

Auch Olivér Várhelyi, designierter Kommissar für „Health and Animal Welfare“, berichtet zu Themen der Gesundheitsvorsorge an Mînzatu. Davon abgesehen untersteht er Vizepräsidentin Teresa Ribera (Clean, Just and Competitive Transition) und soll unter der Leitung von Vizepräsidentin Henna Virkkunen (Tech Sovereignty, Security and Democracy) innerhalb der ersten 100 Tage einen Aktionsplan für die Cybersicherheit von Krankenhäusern und Gesundheitsdienstleistern ausarbeiten. Darüber hinaus sieht sein Mission Letter unter anderem vor, die Europäische Gesundheitsunion voranzutreiben, die Gesundheitssysteme widerstandsfähiger zu machen und ein Gesetz für kritische Arzneimittel auf den Weg zu bringen.

Nächste Schritte

Zuerst werden die designierten Kommissarinnen und Kommissare vom Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments (JURI) auf potenzielle Interessenkonflikte hin geprüft. Danach beginnt der Überprüfungsprozess durch die zuständigen Ausschüsse. Dafür müssen die Kommissarinnen und Kommissare zunächst schriftliche Fragen beantworten, danach folgen voraussichtlich ab 4. November die Anhörungen. Bei den anschließenden Abstimmungen gibt je ein Vertreter oder eine Vertreterin jeder Fraktion seine oder ihre Stimme ab (gewichtet nach Größe der Fraktion im Ausschuss). Für die Bestätigung ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Wird diese nicht erreicht, muss der Kandidat oder die Kandidatin zusätzliche schriftliche Fragen beantworten oder nochmal in die Anhörung, bevor erneut abgestimmt wird.