
Critical Medicines Act
Ein schmaler Grat zwischen Gesundheits- und Industriepolitik.
CC – 02/2025
Am 11. März wird der Verordnungsentwurf für das Gesetz zu
kritischen Arzneimitteln (Critical Medicines Act) erwartet.
EU-Gesundheitskommissar Olivér Várhelyi hatte den Entwurf bereits mehrfach
angekündigt und sich zum Ziel gesetzt, diesen noch innerhalb der ersten 100
Tage der neuen Amtszeit der Europäischen Kommission zu präsentieren. Angesichts
des gestiegenen politischen Drucks kommt Várhelyi diesem Versprechen nun nach.
Doch was genau ist am 11. März zu erwarten?
Keine Folgenabschätzung aus Zeitmangel
Laut Sondierungsbericht wird es sich bei dem Critical
Medicines Act um eine Verordnung handeln, jedoch mit weniger „Begleitmaterial“
als üblich. Entgegen den Grundsätzen der „Better Regulation“ wird auf eine
Folgenabschätzung (Impact Assessment) verzichtet – aus Zeitgründen. Stattdessen
stützt sich der Entwurf auf den Strategischen Bericht
der Critical Medicines Alliance sowie eine externe Studie zur
Versorgungssicherheit in der Europäischen Union (EU). Während einige, zum
Beispiel die Abgeordnete Tilly Metz (Grüne, Luxemburg) dieses Vorgehen als zu
überstürzt kritisieren, sehen andere darin ein schnelles Handeln angesichts
drängender Probleme.
Welche Inhalte können wir erwarten?
Zu den erwarteten Maßnahmen gehören unter anderem Vorschläge
zur gemeinsamen Beschaffung von Arzneimitteln, eine Überarbeitung der
europäischen Beihilfevorschriften sowie Empfehlungen zu Bevorratungspflichten
von Arzneimitteln. Zudem soll ein „günstiges Umfeld für die Ansiedlung und den
Ausbau von Produktionsstätten in der EU“ geschaffen werden. Generell soll es
ein Mix an Maßnahmen werden, mit genügend Flexibilitäten, aber auch konkreten Regelungen,
um die Versorgungssicherheit von Arzneimitteln in der EU zu stärken.
Diversifizierung – eine industriepolitische Maßnahme
In ihrer Stellungnahme begrüßt die DSV den geplanten Critical Medicine Act als wichtigen Schritt zur
Sicherstellung einer stabilen und bedarfsgerechten Arzneimittelversorgung in
der EU. Entscheidend sei, dass die Verordnung die laufende Reform des
europäischen Arzneimittelrechts ergänzt, nationale Maßnahmen berücksichtigt und
die Finanzierbarkeit der Gesundheitssysteme gewährleistet. Die DSV fordert eine evidenzbasierte
Umsetzung, denn Lieferengpässe haben vielfältige Ursachen. Daher sei es
zentral, das Markt- und Versorgungsgeschehen zu beobachten und die Ursachen von
Engpässen zu analysieren. Eine reine Produktionsverlagerung nach Europa
garantiere keine Versorgungssicherheit.
Effiziente öffentliche Beschaffung
Die Beschaffung und Erstattung von Arzneimitteln liegen in
der Verantwortung der Mitgliedstaaten. Die DSV sieht aber die Möglichkeit, das
europäische Vergaberecht zu präzisieren. Es sollte klarstellen, dass neben dem
Preis auch Kriterien wie Versorgungssicherheit, Produktionsstandort und
Lieferkettenstabilität berücksichtigt werden können. Die Bevorratung kritischer
Arzneimittel sollte ebenfalls weiterhin national geregelt bleiben.