
Sozialausweise im Bausektor
Ein Tool für mehr Transparenz und bessere Identifikationsmöglichkeiten auf Baustellen.
SK – 06/2025
Wie kann man die arbeitsrechtliche und
steuerliche Gesetzgebung durchsetzen und gleichzeitig die Transparenz und die
faire Mobilität der Arbeitskräfte im Bausektor erhöhen? All diese Fragen wurden
im Rahmen der Abschlusskonferenz des SIDE-CIC-Projekts beantwortet, das sich mit der Verwendung von Sozialausweisen im Bausektor des
Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) befasst hat.
Vielfalt an Sozialausweisen und Perspektiven für Deutschland
Derzeit gibt es in fünfzehn EWR-Ländern
neunzehn Initiativen für Sozialausweise. Jede hat ihre eigenen Merkmale und
Funktionen. Das SIDE-CIC-Projekt hatte zum Ziel, diese Initiativen zu kartieren
und zu untersuchen, ob es möglich ist, die Ausweise interoperabel zu machen, um
einen nahtlosen Datenaustausch zu ermöglichen. Die Ergebnisse des Projekts
bieten nicht nur einen umfassenden Überblick, sondern sollen auch als Anregung
für Länder wie Deutschland dienen, die noch kein Sozialausweissystem im
Bausektor eingeführt haben.
Funktionsweise der Sozialausweise
Ein Sozialausweis ist ein physisches oder
digitales Instrument zur Überprüfung der Identität von Arbeitnehmenden und
Arbeitgebenden. Er hilft bei der Durchsetzung der Arbeits-,
Sozialversicherungs- und Steuergesetze im Bausektor. In der Regel enthält der
Ausweis wichtige Informationen wie die Identität des Arbeitnehmenden, Angaben
zum Arbeitgebenden und in einigen Fällen Qualifikationen und
Ausbildungsnachweise, einschließlich der Einhaltung von
Arbeitsschutzvorschriften. Nationale Behörden, Sozialpartner oder paritätische
Einrichtungen stellen die Ausweise aus. Je nach den Gegebenheiten des
jeweiligen Landes kann ihre Verwendung verpflichtend oder freiwillig sein. Sie
verfolgen mehrere Ziele, etwa die Kontrolle der Anwesenheit von
Arbeitnehmenden, die Sicherstellung der Einhaltung arbeitsrechtlicher
Vorschriften sowie die Förderung fairer Arbeitsbedingungen durch die Bekämpfung
von Schwarzarbeit und Sozialdumping.
Förderung der Interoperabilität
Die Machbarkeitsstudie – die als Teil des
Projektes durchgeführt wurde – kam zu dem Schluss, dass die Interoperabilität
zwischen den verschiedenen Systemen ohne große technische Herausforderungen etabliert
werden kann. Um dies zu erreichen, müssen sich alle Beteiligten zur
Zusammenarbeit verpflichten und ein praktisches, schrittweises Vorgehen wählen,
das sich an einer gemeinsamen Vision orientiert. Die Umsetzung ist jedoch
komplizierter.
Schaffung eines europaweiten Systems?
Verschiedene Optionen existieren, um die
Interoperabilität der vorhandenen Karten zu fördern. Neben bilateralen Vereinbarungen
bieten Datenräume, die Integration in bestehende EU-Instrumente oder gar die Schaffung
eines neuen EU-weiten Systems die Möglichkeit, auch Länder, die momentan noch
keinen Sozialausweis nutzen, zu integrieren. Angesichts der hohen Mobilität im Bausektor
ist ein grenzüberschreitender Austausch elektronischer Daten wichtig. Ob dies
jedoch durch ein neues System vorangetrieben werden muss oder ob beispielsweise
das EUDI-Wallet als Vehikel genutzt werden kann, wurde nicht abschließend
geklärt. Fakt ist jedoch: Die Digitalisierung macht auch vor dem Bausektor
nicht halt.
Sichere Baustellen über das SIDE-CIC-Projekt hinaus
Die Europäische Agentur für Sicherheit und
Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) hat in einem neuen Diskussionspapier untersucht, wie Sozialausweise zur Verbesserung des Arbeitsschutzes im
Baugewerbe beitragen können. Die Agentur kommt zu dem Schluss, dass solche
Ausweise eine vielversprechende Lösung für bestimmte Herausforderungen
darstellen – insbesondere im Hinblick auf die Dokumentation der
Arbeitsschutzschulungen, beruflichen Qualifikationen und Zertifizierungen von
Beschäftigten sowie für die Zugangskontrolle zu Maschinen und Arbeitsbereichen.
Auch die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft befasst sich mit dem Potenzial von Sozialausweisen. Im Mittelpunkt steht dabei
die Auswertung von Erfahrungen mit bereits erprobten Systemen.