Magazine ed*
ed* Nr. 01/2019

Die Zukunft ist schon da

Potenziale, Chancen und Grenzen Künstlicher Intelligenz.

ed* Nr. 01/2019 – Kapitel 2

Die technologische Entwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI) und das Potenzial ihrer Nutzung scheinen derzeit kaum abschätzbar. Sicher ist: Algorithmen werden künftig in immer größerem Umfang Menschen bei Entscheidungen unterstützen oder diese selbst treffen. Dies wirft Fragen nach ihrer wirksamen Kontrolle auf sowie nach einem rechtlichen und ethischen Rahmen – besonders wenn KI-unterstützte Entscheidungen unmittelbare Auswirkungen auf Menschen haben.


KI – keine Utopie, sondern Realität

Das Thema „Künstliche Intelligenz“ steht derzeit auf europäischer wie auch auf nationaler Ebene weit oben auf der Agenda. Im April 2018 erklärten 25 europäische Länder, unter anderem Deutschland, ihre Zusammenarbeit in den wichtigsten Fragen zur KI. Weitere vier Länder folgten. Im Fokus steht die Frage, wie die europäische Wettbewerbsfähigkeit bei der Erforschung und dem Einsatz von KI sichergestellt werden kann, sowie soziale, wirtschaftliche, ethische und rechtliche Aspekte von KI. Zeitgleich legte die Kommission ihr Konzept „Künstliche Intelligenz für Europa“ vor.1 Es beruht auf drei Pfeilern. Erstens: die Förderung der technologischen und industriellen Leistungsfähigkeit der EU sowie die Verbreitung der KI in der gesamten Wirtschaft, sowohl im privaten als auch im öffentlichen Sektor. Zweitens: die Vorbereitung auf die mit der KI verbundenen sozioökonomischen Veränderungen. Drittens: die Gewährleistung eines geeigneten Ethik- und Rechtsrahmens, der auf den Werten der Union beruht und mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union im Einklang steht. Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, bis Mitte 2019 nationale KI-Strategien oder Programme aufzustellen.


Deutschland hat bereits im November 2018 seine „Strategie Künstliche Intelligenz der Bundesregierung“ vorgelegt. Im Rahmen ihrer Strategie möchte die Bundesregierung auch den bestehenden Rechtsrahmen auf Lücken bei Algorithmen- und KI-basierten Entscheidungen, Dienstleistungen und Produkten überprüfen und gegebenenfalls anpassen.2 Denn sie sieht durch die zunehmende Entscheidungsfindung durch KI Auswirkungen auf politische, kulturelle, rechtliche und ethische Fragen. Bundesjustizministerin Katarina Barley und Bundesarbeitsminister ­Hubertus Heil erklärten, dass es klarerer Regeln und Rechtssicherheit bedarf, wenn Algorithmen in immer größerem Umfang Aufgaben und Entscheidungen für den Menschen vorbereiten oder übernehmen sollen. Andernfalls werde es kein Vertrauen in die Anwendungen von KI geben.3

AdobeStock / BuffaloboyMaschinelles Lernen, Kerntechnologie Künstlicher Intelligenz

Was ist Künstliche Intelligenz?

Das Thema KI hat bereits eine lange Geschichte. Der Mathematiker Alan Turing bezeichnete in einem von ihm 1950 entwickelten Test ein System als intelligent, wenn es in seinen Antworten und Reaktionen nicht von einem Menschen zu unterscheiden ist.4 Eine einheitliche Definition von KI scheint es aber nach mehr als 60 Jahren ihrer Erforschung nicht zu geben. Ein Grund hierfür könnte sein, dass es sich bei KI um einen offenen Begriff handelt, der sich auf ein sehr breites Spektrum von Produkten und Anwendungen bezieht.5 Eine von der Europäischen Kommission im April 2018 ernannte Expertengruppe für Künstliche Intelligenz hat für sich eine Arbeitsdefinition entwickelt: Danach bezieht sich KI „auf Systeme, die intelligentes Verhalten zeigen, indem sie ihre Umgebung analysieren und mit einem gewissen Grad an Autonomie Maßnahmen ergreifen, um bestimmte Ziele zu erreichen. KI-basierte Systeme können rein softwarebasiert sein und in der virtuellen Welt agieren (z. B. Sprachassistenten, Bildanalyse-Software, Suchmaschinen, Sprach- und Gesichtserkennungssys­teme), oder KI kann in Hardwaregeräte (z. B. fortgeschrittene Roboter, autonome Fahrzeuge, Drohnen oder Internet-der-Dinge-Anwendungen) eingebettet sein“.6 Zwei grundlegende Richtungen lassen sich unterscheiden, die der „starken“ und die der „schwachen“ KI. Während man unter der Ersteren Systeme versteht, die die gleichen intellektuellen Fähigkeiten wie Menschen haben sollen, handelt es sich bei schwacher KI um solche, die auf die Lösung konkreter Anwendungsprobleme hin programmiert wurden.