Psychische Gesundheit
als Generationenfrage
ed* Nr. 02/2025 – Kapitel 3
Für die Generation Z – also jene, die zwischen Mitte der 1990er und den frühen 2010er Jahren geboren wurden – ist psychische Gesundheit kein Tabu mehr, sondern ein Thema von zentraler Bedeutung. Anders als frühere Generationen spricht die GenZ offen über Stress, Angstzustände und Erschöpfung. Gleichzeitig steigen die Arbeitsunfähigkeitszahlen wegen psychischer Erkrankungen seit Jahren an – besonders bei jungen Beschäftigten.1
Die Gründe dafür sind vielfältig. Eine unsichere Arbeitswelt, ständige Erreichbarkeit, hohe Erwartungen an Leistung und Selbstoptimierung, aber auch Einsamkeit und Isolation – gerade bei digitalen Arbeitsmodellen – setzen die GenZ mehr unter Druck, als dies bei früheren Generationen der Fall zu sein schien. Das Homeoffice bietet allen Arbeitnehmenden zwar mehr Flexibilität, aber es nimmt vor allem vielen jungen Menschen den sozialen Ankerpunkt, den die Arbeit früher darstellte. Hinzu kommt, dass heutzutage der Einstieg in die Berufswelt oft in befristeten oder projektbasierten Beschäftigungen erfolgt, ohne langfristige Sicherheit oder Perspektive.
Psychische Gesundheit
Die Europäische Kommission engagiert sich zunehmend für die Förderung der psychischen Gesundheit in Europa. Sie verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, der Prävention, frühzeitige Unterstützung und Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen umfasst. Im Jahr 2023 stellte die Kommission eine umfassende Initiative zur psychischen Gesundheit vor, die auf Aufklärung, bessere Versorgung und Unterstützung vulnerabler Gruppen zielt. Ziel ist es, psychische Gesundheit als gleichwertig zur körperlichen Gesundheit zu behandeln.
Die Arbeitsschutz-Rahmenrichtlinie verpflichtet Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, Gefahren für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu vermeiden und Risiken zu bewerten und zu bekämpfen. Allerdings bleibt die Richtlinie in Bezug auf psychische Belastungen unspezifisch. Es gibt keine verpflichtenden Anforderungen, wie psychische Gefährdungsbeurteilungen durchzuführen oder zu dokumentieren sind. Dies führt zu uneinheitlicher Umsetzung in den Mitgliedstaaten. Einige Länder, zu denen auch Deutschland zählt, haben detaillierte nationale Regelungen, die eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung vorsehen, andere wie Rumänien und Spanien kaum.2 Daher fordern Abgeordnete im Europäischen Parlament und der Europäische Gewerkschaftsbund seit längerem eine europäische Richtlinie zu psychosozialen Risiken. Diese soll der Bekämpfung von arbeitsbedingtem Stress und psychischen Gesundheitsproblemen, die aus psychosozialen Risiken resultieren, Priorität einräumen.
Anders als Lärm oder die Exposition von Beschäftigten gegenüber Gefahrstoffen lassen sich psychische Belastungen am Arbeitsplatz schwer mit Geräten messen. Der Arbeitsschutz muss daher europaweit dialogorientierter werden und Beschäftigte in die Beurteilung ihrer Arbeitssituation aktiv einbeziehen. Es geht nicht mehr nur um Unfallvermeidung, sondern auch darum, wie gemeinsam Arbeitsplätze gestaltet werden, an denen die Erwerbstätigen körperlich und psychisch gesund bleiben. Neben betrieblichem Gesundheitsmanagement und der Sensibilisierung von Führungskräften braucht es eine starke Prävention und Früherkennung.

In der EU gibt es solide Vorschriften zum Schutz der Menschen vor Gesundheits- und Sicherheitsrisiken am Arbeitsplatz. Da sich unser Leben und unser Arbeitsumfeld ständig verändern, aktualisieren wir diese Gesetze kontinuierlich. So bringt beispielsweise die Telearbeit große Vorteile und auch große Herausforderungen mit sich – und die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz wird zu einem immer wichtigeren Thema. Aus diesem Grund erwägt die Kommission, psychosoziale Risiken am Arbeitsplatz ausdrücklich zu thematisieren.
Die neue Arbeitsrealität jüngerer Generationen fordert ein neues Verständnis von Arbeit. Der Arbeitsschutz ist der zentrale Dreh- und Angelpunkt, der entscheidet, wie dieses Verständnis in den Strukturen von heute Platz findet. Nur durch kontinuierliche Weiterentwicklung guter Arbeitsbedingungen für heutige und kommende Generationen wird die Basis für eine resiliente Erwerbsbevölkerung in Europa geschaffen.