Sozialminister einigen sich auf Leitlinien zum Zugang zum Sozialschutz
EPSCO Rat beschäftigt sich mit den Initiativen des Pakets für soziale Gerechtigkeit.
SW – 12/2018
Zum Jahresende ist der Rat „Beschäftigung, Sozialpolitik,
Gesundheit und Verbraucherschutz“ noch einmal zusammengekommen und hat sich dabei
unter anderem auf folgende für die gesetzliche Sozialversicherung relevante Ergebnisse verständigt:
Empfehlung des Rates zum Zugang zum Sozialschutz
Die Minister einigten sich auf eine Empfehlung des
Rates zum Zugang zum Sozialschutz für Arbeitnehmer und Selbstständige. Die Minister
betonten, dass der Geltungsbereich der Systeme der sozialen Sicherheit
insbesondere auf junge Menschen ausgedehnt werden sollte, um die bestehenden
formellen Deckungslücken zu schließen. Als große Herausforderungen betonten die
Minister die Respektierung der nationalen Kompetenzen und der Verschiedenheit der
Systeme der sozialen Sicherheit in den Mitgliedstaaten.
Mit der Empfehlung sollen die Mitgliedstaaten aufgefordert
werden:
- die formellen Deckungslücken im Sozialschutz zu schließen,
indem allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Selbständigen der Zugang
zu den Sozialschutzsysteme ermöglicht wird,
- eine angemessene wirksame Deckung durch Maßnahmen zu
fördern, die es allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Selbstständigen
ermöglichen, als Mitglieder eines Systems Sozialleistungen aufzubauen und in
Anspruch zu nehmen,
- die Übertragung von Sozialschutzleistungen zwischen den Systemen
zu erleichtern.
Der Vorschlag gilt für den Sozialschutz in Bezug auf
Arbeitslosigkeit, Krankheit und Gesundheitsfürsorge, Mutterschaft und
Vaterschaft, Invalidität, Alters- und Hinterbliebenenleistungen sowie
Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Im Gegensatz zum ursprünglichen
Kommissionsvorschlag (siehe Bericht 3/2018)
wird den Mitgliedstaaten für Selbstständige empfohlen, eine formelle Absicherung
zumindest auf freiwilliger Basis zu ermöglichen. Der Kommissionsvorschlag
beinhaltete mit Ausnahme für Leistungen bei Arbeitslosigkeit die Empfehlung einer
verpflichtenden Absicherung der Selbstständigen.
Die Empfehlung wird aller Voraussicht nach Mitte nächsten Jahres förmlich auf den Weg gebracht. Zuvor sind in Deutschland und Tschechien weitere Verfahrensschritte auf nationaler Ebene notwendig, damit
der Empfehlung auf europäischer Ebene auch zugestimmt werden kann.
Europäische Arbeitsbehörde
Die Sozialminister einigten sich auf einen gemeinsamen
Standpunkt zum Vorschlag der Kommission zur Errichtung einer Europäischen
Arbeitsbehörde (siehe Bericht 3/2018).
Die Minister unterstützen den Vorschlag und das Ziel, die
Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten in den Bereichen Arbeitnehmermobilität
und sozialem Schutz zu stärken. Die Minister hoben hervor, dass der Vorschlag
ein weiterer Schritt zur Vollendung des EU-Binnenmarktes sei, bei
gleichzeitiger Verbesserung der Mobilität der Arbeitnehmer und der europäischen
Sozialpolitik.
Sie betonten, dass wichtige künftige Herausforderungen unter
anderem die Erreichung eines angemessenen Gleichgewichts zwischen den Aufgaben
der Behörde und den nationalen Zuständigkeiten sowie das Funktionieren des
Vermittlungsmechanismus seien.
Der Rat schlägt in seinem Standpunkt vor, die Bezeichnung „Europäische
Arbeitsagentur“ anstelle der von der Kommission vorgeschlagenen „Europäische
Arbeitsbehörde“ zu verwenden.
Der Standpunkt des Rates sieht ferner vor,
dass die „Behörde“ insbesondere:
1. den Zugang zu Informationen über Rechte und Pflichten bei
grenzüberschreitender Mobilität für Arbeitnehmer, Arbeitgeber und nationale
Verwaltungen erleichtern soll,
2. die Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten bei der
grenzübergreifenden Durchsetzung des einschlägigen Unionsrechts, einschließlich
der Erleichterung konzertierter und gemeinsamer Inspektionen unterstützen soll,
3. bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten zwischen
nationalen Behörden zur Beilegung vermitteln soll,
4. die Zusammenarbeit zwischen den einschlägigen Akteuren
der Union und den Mitgliedstaaten erleichtern soll, um Lösungen für Arbeitsmarktstörungen,
von denen mehrere Mitgliedstaaten betroffen sind, zu erreichen,
5. die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten bei der
Bekämpfung der nicht angemeldeten Erwerbstätigkeit unterstützt.
Entgegen dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission sieht
der Standpunkt des Rates keine Übertragung der Aufgaben und Gremien der
Verwaltungskommission für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit
auf die Europäische Arbeitsbehörde mehr vor. Dies war einer der Hauptkritikpunkte
der Spitzenorganisationen der Deutschen Sozialversicherung, da insbesondere
ein Verlust an Expertenwissen und gewachsener vertrauensvoller Zusammenarbeit
der Mitgliedstaaten in den Gremien der Verwaltungskommission befürchtet wurde
(siehe Bericht 8/2018).
Der Ausschuss „Beschäftigung und soziale Angelegenheiten“ des
Europäischen Parlamentes hatte seinen Bericht zum Entwurf der Kommission in seiner Sitzung am 26. November verabschiedet. Auch der Bericht des Ausschusses sieht keine Übertragung der Gremien der
Verwaltungskommission vor. Das Plenum des
Europäischen Parlamentes billigte in seiner Sitzung am 11. Dezember den Beschluss des Ausschusses, in interinstitutionelle Verhandlungen einzutreten.
Die österreichische Ratspräsidentschaft endet am 31.
Dezember 2018. Der rumänische Minister für Arbeit und soziale Gerechtigkeit hat
bereits bekräftigt, die Einrichtung der Europäischen Arbeitsbehörde zu
unterstützen. Die rumänische Ratspräsidentschaft wird nun mit dem Europäischen Parlament und der Kommission in den informellen Trilog eintreten, mit dem Ziel,
das Gesetzgebungsverfahren abzuschließen.