Länderspezifische Empfehlungen im „Frühjahrspaket 2019“
Empfehlungen zum Gesundheitswesen werden gering befolgt. Neuer Fokus liegt auf „Investitionen“.
Dr. Sch.-W. – 06/2019
Im Rahmen des „Frühjahrspakets“
zum Europäischen Semester hat die EU-Kommission am 5. Mai ihren Entwurf von
Länderspezifischen Empfehlungen vorgelegt. Was die Umsetzung der Länderspezifischen Empfehlungen seit dem Jahr 2011 angehe, dem Beginn der
Semester, zeichnete die Kommission ein gemischtes Bild. Die größten
Fortschritte seien unter anderem auf dem Gebiet der Beschäftigungspolitik
erzielt worden, während die Aufforderungen etwa zur Ausweitung der
Steuerbasis oder auf dem Gebiet des Gesundheitswesens eine besonders geringe
Befolgungsrate zeigten.
Neue Wortwahl: „Investitionen“
Die Empfehlungen 2019
identifizieren – bei allen Mitgliedstaaten – zum ersten Mal auch Schwerpunkte
für „Investitionen“, nicht zuletzt mit Blick auf Umweltziele. Allerdings fällt
auf, dass die entsprechenden Empfehlungen nicht unbedingt alle neu sind,
sondern oft einfach mit dem Präfix „investment“ versehen sind, so zum Beispiel
die Forderung, Mitgliedstaaten sollten zielgerichtete Investitionen in ihre
aktiven Beschäftigungspolitiken leiten, um diese effektiver zu machen, oder die
Forderung, in Humankapital, Kinderbetreuung und Gesundheitssysteme zu
„investieren“.
Im Wesentlichen geht es darum, „die Struktur der öffentlichen Ausgaben
investitionsfreundlich umzugestalten“ – eine aus der Vergangenheit wohl
bekannte Kommissions-Strategie. Im Übrigen sind die Investitionsleitlinien in
den länderspezifischen Empfehlungen viel allgemeiner formuliert als in den
Anhängen der Länderberichte. Letztere zielen ausschließlich auf den
Investitionsbedarf, für den sich eine Kofinanzierung durch die
kohäsionspolitischen Fonds der EU anbietet.
Empfehlungen zur Sozialen Sicherheit
Mit direktem Bezug zur
Sozialversicherung finden sich in den Empfehlungen etliche Vorschläge zur
Verbesserung des Deckungsgrads, der Angemessenheit und der Effektivität von
Sozialschutzsystemen einschließlich Mindesteinkommenssystemen (Bulgarien,
Estland, Lettland, Portugal, Rumänien, Spanien und Ungarn), und dem Zugang zu
hochwertigen öffentlichen Diensten (Bulgarien, Estland, Finnland). Dies
schließt Empfehlungen an „prominenter Stelle“ zur Verbesserung der
Angemessenheit und Nachhaltigkeit der Rentensysteme sowie des Zugangs zu
Gesundheitssystemen ein.
Speziell mit Blick auf die
Altersversorgung werden weitere Reformen angemahnt. Das Verhältnis zwischen
Erwerbsleben und Ruhestand sei anzupassen, und die zusätzliche Altersvorsorge
sei zu fördern. Vor allem aber wird vor einer Zurücknahme vergangener Reformen
gewarnt. Dies gelte ganz besonders für Italien, weil es frühere Reformen durch
jüngere Maßnahmen „faktisch in Teilen wieder zurückgenommen“ habe. Offenbar
ebenfalls mit Blick auf die Alterssicherung wird den Niederlanden nahegelegt,
den Sozialschutz für Selbständige zu verbessern.
Wie geht es weiter?
Die Länderspezifischen
Empfehlungen bedürfen der Zustimmung des Rates. Eine erste Diskussion fand
im Rat ECOFIN am 17. Juni statt.
Die Mitteilung der
Kommission findet sich hier.