EU-Kommission leitet rechtliche Schritte wegen Verstoßes gegen die Universaldienstrichtlinie und die „Web-Accessibility-Richtlinie“ ein.

SW – 07/2019

Die Europäische Kommission hat am 25. Juli 2019 Vertragsverletzungsverfahren gegen verschiedene Mitgliedstaaten eingeleitet, die Ihren Verpflichtungen aus dem EU-Recht nicht nachgekommen sind. Deutschland ist in 17 Fällen betroffen, u.a. bei der Umsetzung der Richtlinie 2002/22/EG vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie) und der Richtlinie (EU) 2016/2102 vom 26. Oktober 2016 über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen (Web-Accessibility-Richtlinie).

Deutschland, Griechenland, Kroatien, Spanien und Tschechien erhielten von der Kommission eine mit Gründen versehene Stellungnahme, da sie es versäumt haben, die Vorschriften der Universaldienstrichtlinie über die Notrufnummer 112, insbesondere im Hinblick auf die Gewährleistung der Zugänglichkeit für behinderte Nutzer, umzusetzen.

Die Kommission hat ferner eine mit Gründen versehene Stellungnahmen an Deutschland, Bulgarien und Irland gerichtet, da diese Länder es versäumt haben, die vollständige Umsetzung der EU-Vorschriften über den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffent­li­cher Stel­len mitzuteilen. Die Richtlinie musste von den Mitgliedstaaten bis zum 23. September 2018 in nationales Recht umgesetzt werden. Für die Anwendung auf Websites öffentlicher Stellen gelten danach folgende Fristen: Ab 23. September 2019 erfolgt die Anwendung auf alle Websites, die nach dem 23. September 2018 veröffentlicht wurden. Ab 23. September 2020 gelten die Regelungen dann für alle Websites und ab 23. Juni 2021 auch für mobile Anwendungen (siehe Berichte 02/2017 und 05/2018).

Hintergrund

Die Kommission kann ein förmliches Verfahren gegen einen Mitgliedstaat einleiten, wenn dieser die Maßnahmen zur vollständigen Umsetzung einer Richtlinie nicht mitteilt oder einen etwaigen Verstoß gegen EU-Recht nicht behebt. In einem ersten Schritt gibt die Kommission dem Mitgliedstaat zunächst mit einem sog. „Aufforderungsschreiben“ Gelegenheit, sich zu äußern.


Hält die Kommission die Auskünfte nicht für ausreichend und gelangt sie zu dem Schluss, dass der betreffende Mitgliedstaat seinen Verpflichtungen gemäß dem EU‑Recht nicht nachkommt, kann sie ihn mittels einer „mit Gründen versehenen Stellungnahme“ förmlich auffordern, das EU-Recht einzuhalten und ihr die entsprechenden Maßnahmen innerhalb einer bestimmten Frist – in der Regel zwei Monate - mitzuteilen (Artikel 258 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union).


Als letzten Schritt kann die Kommission beschließen, den jeweiligen Mitgliedstaat vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen.