Hearings von Stella Kyriakides und Nicolas Schmit im Europäischen Parlament
Überprüfung von Fachwissen und Kommunikationsfähigkeit.
IF/RB – 10/2019
Bis zum 8. Oktober waren die Anhörungen der designierten Kommissarinnen
und Kommissare im Europäischen Parlament anberaumt. Bevor die
Kommissionsmitglieder ihr Amt im Kollegium von Ursula Von der Leyen antreten
können, üben die Europaabgeordneten ihre legitimierte demokratische
Kontrollbefugnis aus.
Die beiden vorgeschlagenen künftigen Kommissarsanwärter
Frau Stella Kyriakides (Gesundheit) und Herr Nicolas Schmit (Beschäftigung),
siehe dazu Artikel 09/2019, mussten
am 1. Oktober 2019 in über dreistündigen Hearings vor den kritischen
Abgeordneten Rede und Antwort in den zuständigen federführenden Fachausschüssen
absolvieren.
Sozialer Ausblick –mehr Rechte, mehr Beschäftigung, mehr Inklusion
Der ehemalige luxemburgische Minister für Arbeit und
Soziales und Europaabgeordnete Nicolas Schmit wurde im Ausschuss für
Beschäftigung und soziale Angelegenheiten zu den künftigen Herausforderungen in
der Arbeitswelt und der sozialen Dimension in der EU befragt.
Schmit nannte
thematische Schwerpunkte wie die Beschäftigungsförderung, den sozialen
Fortschritt unter Berücksichtigung der aktuellen Herausforderungen wie
Digitalisierung, neue Beschäftigungsformen und Veränderungen in der Arbeitswelt.
Neue Maßnahmen wie ein europäischer Mindestlohn, eine europäische
Arbeitslosenrückversicherung, eine Stärkung des europäischen Modells, um
wirtschaftliche und soziale Problemlösungen unter Berücksichtigung der Umwelt- und
Nachhaltigkeitsbestrebungen der EU voranzutreiben, stehen auf seiner
sozialpolitischen Agenda.
Ebenso im Fokus seiner politischen Ziele stehen eine
Verbesserung des Zugangs zum Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderung, Armutsbekämpfung
bei schutzbedürftigen Gruppen wie Kinder und Jugendliche und die Schaffung besserer
Startbedingungen für deren Lebens- und Arbeitswelt. Die Europaabgeordneten erwarten
sich künftig konkrete Legislativvorschläge und Ansätze zur Finanzierung von den
angestrebten Maßnahmen zugunsten eines sozialen Europas.
Gesundheit – Prioritäten Krebsbekämpfung, MDR und HTA
Die Bekämpfung von Krebs ernannte Frau Kyriakides zur absoluten
Priorität ihres Handelns im Bereich Gesundheit. Der „Europe's beating cancer Plan“ soll die Folgen der Krankheit ganzheitlich von der Prävention bis zur palliativen Versorgung eindämmen. Im Bereich der Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen
möchte Frau Kyriakides die EU zu einer „best practice“ Region entwickeln. Der „Health in all
Policies“-Ansatz kommt hier zum Tragen, indem Sie die Gesetzgebung im Bereich
der Veterinärmedizin und mit Medikamenten versetztem Tierfutter kritisch
beobachten wird.
Die wirtschaftliche Sicherstellung von Arzneimitteln für
die medizinische Versorgung umfasst mehrere Aspekte. Im Bereich der orphan und
pädiatrischen Medizin möchte Sie Anreize für Innovationen zur Behandlung
seltener Krankheiten schaffen und die Gesetzgebung weiterentwickeln. Zum Abbau von Versorgungsengpässen erklärte Frau
Kyriakides, das internationale
Standards die Versorgungskette auch für preisgünstige
Arzneimittel aufrecht erhalten sollen.
Eine klare Aussage im Bereich der Weiterentwicklung der gemeinsamen
Nutzenbewertung von Arzneimitteln machte Frau Kyriakides dahingehend, dass sie
eine freiwillige nationale Verwendung der Nutzenbewertungen ablehnt. Sie strebt in der Umsetzung einen Konsens mit dem
Rat an. Als kurzfristige Priorität nannte die designierte
Kommissarin die zügige Umsetzung der Medizinprodukteverordnung sowie die
Einhaltung der definierten Fristen.
Im Bereich der Digitalisierung sprach Sie die Idee des „European
Health Data Space“ mit dem Ziel des erleichterten und erweiterten Datenaustauschs an. Damit sollen insbesondere der Forschung und
Prävention, unter Wahrung der Datensicherheit und des persönlichen
Datenschutzes, neuer Schwung verliehen werden.
Nächste Schritte – Von der Leyen trägt Letztverantwortung
Stella Kyrikides und Nicolas Schmit wurden beide von den
zuständigen Ausschüssen abgesegnet und ihre Ernennung als Kommissarin und
Kommissar steht somit nichts mehr im Wege. Zwei andere Kandidaten aus Ungarn
und Rumänien wurden sofort abgelehnt. Das zwingt Von der Leyen zum Umbau ihres
Wunschteams.
Auf Basis der Empfehlungen der Parlamentsausschüsse
entscheidet die Konferenz der Präsidenten am 17. Oktober, ob das Parlament
ausreichende Informationen erhalten hat, um den Anhörungsprozess insgesamt für
abgeschlossen zu erklären. In diesem Fall wird das Plenum am 23. Oktober in
Straßburg mit einfacher Mehrheit darüber abstimmen, ob die gesamte Kommission
gewählt werden soll oder nicht. Ob der Zeitplan eingehalten werden kann, bleibt
fraglich.