Schutz vor krebserzeugenden Chemikalien
Weitere Anpassung von Arbeitsplatzgrenzwerten geplant.
SW – 10/2020
Die Europäische Kommission möchte mit
einem Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie 2004/37/EG
über Karzinogene und Mutagene die Exposition von Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmern gegenüber krebserzeugenden Chemikalien bei der Arbeit weiter einschränken.
Für Acrylnitrit und Nickelverbindungen werden
neue Arbeitsplatzgrenzwerte eingeführt, der bestehende Grenzwert für
Benzol wird verringert. Die jeweiligen nationalen Grenzwerte für die genannten
Stoffe weichen stark voneinander ab. So sei zum Beispiel der nationale
Grenzwert für Acrylnitril, der in den Mitgliedstaaten zwischen 0,5 mg/m³ und 7
mg/m³ läge, in manchen EU-Ländern vierzehnmal niedriger als in anderen. In
sieben EU-Ländern gäbe es hierzu noch keine Expositionsgrenzwerte.
Während Acrylnitrit überwiegend in große
Unternehmen verwendet werde, seien die relevanten Wirtschaftszweige, in denen
Nickelverbindungen und Benzol eingesetzt werden, stark von kleinen und
mittelständigen Unternehmen geprägt. Um Härtefälle im Hinblick auf notwendige
Investitionen zu vermeiden, wurden für die jeweiligen Stoffe spezifische Übergangszeiträume
vorgesehen.
Berufsbedingte Krebserkrankungen
Nach Einschätzung der EU-Kommission sind
über eine Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der EU derzeit diesen
krebserzeugenden Stoffen ausgesetzt. Ohne weitere Maßnahmen werde die
Exposition gegenüber diesen Stoffen innerhalb der nächsten 60 Jahre etwa 2000
Fälle von Krebs- und anderen berufsbedingten Erkrankungen nach sich ziehen.
Infolge der Exposition gegenüber
karzinogenen Stoffen am Arbeitsplatz würden jedes Jahr in der EU etwa 120 000
Fälle von berufsbedingten Krebserkrankungen auftreten, die rund 80 000
Todesfälle pro Jahr zur Folge hätten. Den Statistiken der Europäischen Agentur
für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz zufolge sind 52 Prozent
der jährlichen berufsbedingten Todesfälle in der EU auf Krebserkrankungen
zurückzuführen
Hintergrund
Der Vorschlag soll eine erste Maßnahme im Rahmen des neuen
Europäischen Plans zur Krebsbekämpfung sein. Die Bekämpfung berufsbedingter
Krebserkrankungen wird nach Vorstellung der Kommission ein fester Bestandteil
des Plans sein.
Die
in der Richtlinie über Karzinogene und Mutagene festgelegten
Arbeitsplatzgrenzwerte sollen zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
vor Expositionen gegenüber krebserregenden Chemikalien am Arbeitsplatz
beitragen und auf ein vergleichbares
Mindestniveau an Arbeitsschutz in der EU hinwirken. Bestehende Grenzwerte werden
angepasst, wenn dies aufgrund neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse notwendig
erscheint. Die Richtlinie wird daher kontinuierlich, zuletzt im Juni 2019,
aktualisiert.
Der
Europäische Gewerkschaftsbund (ETUC) hatte kritisiert, dass nicht mehr
Arbeitsplatzgrenzwerte aufgenommen oder überarbeitet wurden. Es seien keine
Maßnahmen ergriffen worden, um die Exposition gegenüber weiteren krebserregenden
Stoffen zu begrenzen. Außerdem böten einige der bestehende
Expositionsgrenzwerte, zum Beispiel für Asbest, keinen ausreichenden Schutz und müssten
aktualisiert werden. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind
weltweit etwa 125 Millionen Menschen am Arbeitsplatz Asbest ausgesetzt (siehe
Bericht 4/2020).
Nächste Schritte
Das Europäische Parlament und der Rat
müssen nun den Änderungsentwurf beraten. Die Europäische Kommission hat eine achtwöchige
öffentliche Konsultation zur geplanten Änderung eingeleitet.
Eine Teilnahme an der Konsultation ist bis zum 20. November 2020 möglich.