Schwerwiegende grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren durch koordiniertes Vorgehen präventiv begegnen und bewältigen.

RB – 11/2020

Der aktuelle Beschluss zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren (Nr. 1082/2013/EU) beschreibt Koordinierungsmechanismen um ein gemeinsames effizientes Handeln der Mitgliedstaaten zur Bewältigung grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren zu ermöglichen. Dieser soll aufgehoben werden. An seine Stelle soll die geplante Verordnung mit erweiterten und aktualisierten Inhalten treten.

Erste Lehren aus der Corona Pandemie

Die Corona Pandemie habe, so die Europäische Kommission, Schwächen aufgedeckt, welche ein koordiniertes Umsetzen von Maßnahmen zur Bekämpfung schwerwiegender grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren mit den Mitgliedstaaten behindern. Es sei transparent geworden, dass die Vorkehrungen zur Vorbereitung und Bewältigung von Gesundheitskrisen in den Mitgliedstaaten sehr fragmentiert und unterschiedlich ausgeprägt seien. Dies zeige sich zum Beispiel durch nicht ausreichende Bestände an Schutzausrüstung, fehlenden medizinischen Kapazitäten, nicht ausreichenden Ressourcen zur Kontaktnachverfolgung und fehlendem (Intensiv-) Pflegepersonal. Die Situation verdeutliche, dass in der Europäischen Union keine übergreifende Vision bestehe, nach welcher die Mitgliedstaaten ihre Präventions- und Krisenpläne ausrichten können.


Zur Umsetzung der ersten Lehren aus den Erfahrungen der Corona Pandemie, soll der Beschluss zu schwerwiegenden grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren überarbeitet und in eine Verordnung überführt werden. Ziel ist es, einen Rechtsrahmen zu schaffen, welcher Maßnahmen zur Vorbereitung, Überwachung, Risikobeurteilung und Frühwarnsysteme auf europäischer Ebene koordiniert.

Mandat der Kommission für den öffentlichen Gesundheitsschutz stärken und erweitern

Für eine effektive und koordinierte Vorgehensweise bei der Bewältigung von Gesundheitskrisen soll in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und relevanten Agenturen der EU ein unionsweiter Krisen- und Pandemieplan (Union preparedness and response plan) entwickelt werden. Dieser soll die nationalen Krisen- und Pandemiepläne ergänzen. Gleichzeitig sollen laut Verordnungsvorschlag die nationalen Krisen- und Pandemiepläne mit der Kommission abgestimmt werden. Mehr Fokus soll auf multi-sektorale und interregionale Ansätze zur Gewährleistung des grenzüberschreitenden öffentlichen Gesundheitsschutzes gerichtet werden.

 

Zum frühzeitigen Erkennen und zum Ergreifen präventiver Maßnahmen gegen die Verbreitung von Infektionskrankheiten, soll die digitale Plattform für einen automatisierten Austausch von Daten und die Umsetzung eines integrierten und interoperablen Monitorings in Echtzeit ausgebaut werden.


Ergänzend sollen europäische Referenzlabore eingerichtet werden. Auf freiwilliger Basis können nationale Referenzlabore bei der Diagnostik, zu Testmethoden und der Berichterstattung Unterstützung anfragen. Diese Maßnahmen beabsichtigen, das EU-weite Frühwarnsystem (Early Warning and Response System, EWRS) mit validen und aktuellen Daten für eine Gefahrenabwehr und Einleitung präventiver Maßnahmen zu unterstützen.

 

Die im Verordnungsvorschlag für schwerwiegende grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren umfassende Stärkung der Kompetenz der Europäischen Kommission ist in Artikel 23 zu finden. Damit soll die Kommission ermächtigt werden, nach Einholen der Expertenmeinung des beratenden Komitees für öffentliche Gesundheitsgefahren und nach Konsultation der WHO, einen Gesundheitsnotstand europäischer Tragweite formell anzuerkennen.

Zusammenspiel mit den Verordnungsvorschlägen zum ECDC und der EMA

Der Verordnungsvorschlag verdeutlicht, dass die Europäische Kommission die Union für zukünftige grenzüberschreitende Gesundheitsgefahren vorbereiten möchte. Dabei strebt sie einerseits die Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Koordinierung von Krisen- und Pandemieplänen an. Andererseits soll ein deutlicher Digitalisierungsschub Einzug erhalten. Die digitale und sichere Übertragung von validen und vergleichbaren Daten ist für die Arbeit des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) Grundlage zur Überwachung des epidemiologischen Geschehens in Europa (siehe News 11/2020).

Deutlich wird jedoch auch der Wunsch nach mehr Autonomie in Gesundheitsfragen. Die Europäische Kommission soll bei der Bewältigung von Gesundheitsnotständen mit konkreten Mandaten ausgestattet werden. Zum Beispiel bei der Anerkennung von Gesundheitsnotständen europäischer Tragweite sowie bei der Prävention und Bewältigung von Versorgungsengpässen mit essenziellen Arzneimitteln und Medizinprodukten, wie es im Verordnungsvorschlag zur Ausweitung des Mandats der europäischen-Arzneimittelagentur (EMA) vorgesehen ist (siehe News 11/2020).