Tschechien übernimmt Ratspräsidentschaft
Politische Leitthemen sind Ukraine, Wirtschaft, Cybersicherheit und Demokratie-Stärkung
AG – 06/2022
Tschechien übernimmt seit seinem EU-Beitritt vor 18 Jahren
nun zum zweiten Mal die Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union. Los geht
es ab dem 1. Juli. Damit folgt das Land auf Frankreich, das im ersten Halbjahr
dieses Jahres die Ratspräsidentschaft innehatte. Überschattet wird der Vorsitz
Tschechiens von dem Ukrainekrieg – das spiegelt sich auch in der politischen
Agenda der Ratspräsidentschaft wider.
Leitthemen der tschechischen Ratspräsidentschaft
Welche Themen stehen an? Leitthemen
werden neben dem Ukrainekrieg, Energiesicherheit, Verteidigung und
Cybersicherheit, die europäische Wirtschaft und die Stärkung der demokratischen
Werte.
Ukraine und Energie
Der tschechische Ministerpräsident Petr Fiala kündigt an,
sich für gemeinsame EU-Sanktionen gegen Russland einzusetzen und unabhängiger
vom russischen Gas, Öl und Kohle zu werden. Neben weiterer militärischer
Unterstützung möchte Tschechien die Diskussion zum EU-Kandidatenstatus der
Ukraine weiter vorantreiben. Des Weiteren sollen Flüchtende aus der Ukraine
schnell in die Sozialsysteme der EU-Mitgliedstaaten eingebunden werden. Gerade
für Länder, die eine große Anzahl flüchtender Personen aufgenommen haben,
stehen die Sozialsysteme vor großen finanziellen Herausforderungen.
Cybersecurity und Wirtschaft
Aktuell arbeitet das Europäische Parlament an einer Cybersecuritystrategie für kritische Infrastrukturen. Das Thema steht auch auf der politischen Agenda Tschechiens.
Der Fokus soll dabei unter anderem auf dem Schutz von EU-Institutionen von
Hackerangriffen liegen.
Vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs sind Lieferketten
gestört. Tschechien setzt deshalb auf verstärkte Handelsbeziehungen mit
demokratischen Ländern. Darüber hinaus möchte sich das Land dafür einsetzen,
dass wichtige Produkte verstärkt in Europa hergestellt werden. Schon während
der Covid-19-Pandemie wurde in der EU mehrfach diskutiert, versorgungskritische
Güter – wie etwa Wirkstoffe für Arzneimittel – verstärkt in Europa zu
produzieren oder gemeinsam zu beschaffen. Hierfür wurde beispielsweise eigens
die Behörde HERA (Health Emergency Response Authority) geschaffen.
Stärkung der Demokratie
Prag kündigte an, sich während der Ratspräsidentschaft für
die Stärkung der Demokratie einzusetzen. In den politischen Leitlinien der
Ratspräsidentschaft betonte Tschechien den Stellenwert der Konferenz
zur Zukunft Europas, bei der EU-Bürgerinnen und Bürger Wünsche für die EU
und das Zusammenleben in ihr äußern konnten. In seiner Arbeit möchte Fiala hierauf
Bezug nehmen, auch wenn er unkonkret bleibt: „Der tschechische Vorsitz wird
daran arbeiten, diese Ideen zu nutzen und einen Raum für die Fortsetzung der
Aussprache zu schaffen“, heißt es in den politischen Leitlinien.
Rat der Europäischen Union
Jeder EU-Mitgliedstaat hat auf Rotationsbasis den Vorsitz im
Rat der Europäischen Union für sechs Monate inne. Das Land, das den Vorsitz hat
– in diesem Fall Tschechien – leitet die Sitzungen, legt die politische Agenda
fest und hilft mit, Kompromisse zwischen den einzelnen EU-Staaten auszuhandeln.
Die Ratspräsidentschaft Tschechiens endet am 31. Dezember. Dann
übernimmt Schweden für 6 Monate den Staffelstab.