
Digitalisierung öffentlicher Dienste in Europa
Deutschland hat Nachholbedarf
IF – 10/2023
2021 hat die Europäische Kommission Ziele und Vorgaben für einen
digitalen Wandel Europas bis 2030 vorgelegt (siehe News August 2022). Hauptziel ist der europaweite
flächendeckende Ausbau der digitalen Infrastruktur. Die Europäische Kommission
legte in ihrem Programm mehrere
Digitalgrundsätze, einen so genannten digitalen Kompass als Unterstützung zur
konkreten Umsetzung der Digitalziele und eine Berichtspflicht zur Überwachung
der Fortschritte fest. Die Schaffung eines einheitlichen digitalen
Binnenmarktes soll durch das Programm vorangetrieben und mehr Klarheit im
Datenschutz geschaffen werden
Status Quo des digitalen Wegs
Digitale
Infrastrukturen sollen in Unternehmen und in der öffentlichen Verwaltung in den
nächsten Jahren stark ausgebaut werden. Am 27. September wurde ein Bericht über den aktuellen Stand der
digitalen Dekade zur Gestaltung des digitalen Wandels der Europäischen
Kommission veröffentlicht. Der erste Fortschrittsbericht setzt sich damit auseinander, wie
rasch die Europäische Union (EU) bei der Umsetzung der digitalen Ziele bis 2030
voranschreitet und wo die Mitgliedstaaten noch nachbessern müssen. Die analysierten
Schwerpunkte des Berichtes zielen auf digitale Kompetenzen, digitale
Infrastruktur, Digitalisierung der Unternehmen, Nutzung künstlicher Intelligenz
(KI) und Digitalisierung öffentlicher Dienste ab. Erhebliche Lücken
bestehen bei der Bereitstellung digitaler öffentlicher Dienstleistungen. Dies
ist eine Herausforderung, denn laut der digitalen Dekade der Europäischen
Kommission sollen alle Verwaltungsdienstleistungen bis 2030 zu 100 Prozent
online bereitgestellt werden. Bürgerinnen und Bürger sollen Leistungen online beantragen
und sogar Zugriff zur ihrer persönlichen elektronischen Patientenakte erhalten.
Öffentliche Dienste von offline zu online
Die Europäische
Kommission hat in den letzten Jahren verschiedene Initiativen eingeleitet, mit
dem Ziel, den Informationsaustausch zwischen den Bürgerinnen und Bürgern mit den
öffentlichen Verwaltungen und die Verfahren für die Menschen und Unternehmen stetig
zu vereinfachen. Bis 2030 sollen 80 Prozent der Bürgerinnen und Bürger und der
Unternehmen die Möglichkeit haben, ihre eigene Identität EU-weit online
nachzuweisen, um die von den Behörden digital zur Verfügung gestellten
Verwaltungsverfahren nutzen zu können. Den gesetzlichen Rahmen bietet die von
der Europäischen Kommission vorgeschlagene Europäische digitale Identität (EUiD). Diese ist eine persönliche,
europäische digitale Brieftasche, in der verschiedene Dokumente der
öffentlichen Verwaltung wie zum Beispiel Sozialversicherungsnachweise oder elektronische
Rezepte über eine Handy-App aufbewahrt werden können.
Langsame Umsetzung in Deutschland
Besonders in
Deutschland sind – so der Bericht - die Fortschritte bei der Digitalisierung
verbesserungswürdig. Die Digitalisierung der öffentlichen Dienste ist weder ein
kurzfristiges noch rasch umgesetztes Projekt, sondern ein Langzeitverfahren,
indem es mehrere Verbündete benötigt. Die Europäische Union, die
Mitgliedstaaten und die zuständigen Partner müssen alle in ein Boot geholt werden,
um die Umsetzung zu ermöglichen. In Deutschland sind zwar der Zugang und die
Erreichbarkeit zu den öffentlichen Diensten möglich, trotzdem sind im europäischen Vergleich wenig Verwaltungsleistungen
digitalisiert. Die Europäische Kommission weist in ihrem Bericht auf mangelnde flächendeckende
Verfügbarkeit von Dienstleistungen und bisher fehlende Erfolge bei einem
Pilotprojekt zu Anwendungsfällen der elektronischen Identität hin.
Rückblickend
hat die Europäische Kommission in der aktuellen Legislaturperiode sehr viel in
den Auf- und Ausbau der Digitalisierung vorgegeben. Dies wird sich sicherlich
auch in der nächsten Legislaturperiode nicht ändern. Umsetzen müssen es jedoch
die Mitgliedstaaten und die Schonfrist für die weniger digitalisierten Mitgliedstaaten
dauert noch bis 2030.