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ed* Nr. 03/2018

Der Plattform-Arbeiter in Europa – sozial abgesichert?

ed* Nr. 03/2018 – Kapitel 3

Nach der Klärung des rechtlichen Status der Plattform-Arbeiter lassen sich dann in der Regel die Folgen für den Umfang des Sozialschutzes und die hierfür zu zahlenden Beiträge ableiten – es sei denn, es gibt Sonderregeln.


Sind die Plattform-Arbeiter erst einmal als „selbstständig“ klassifiziert, zeichnet sich im europäischen Vergleich ein buntes Bild. Vor allem die Unfall- und die Arbeitslosenversicherung gehören oft nicht zum Paket.


Unterschiedliche Intensität des Schutzes – nach Ländergruppen

Zu den Ländern mit der umfassendsten Absicherung (Kranken-, Renten- und Unfallversicherung sowie Lohnersatzleistungen im Krankheits- und Invaliditätsfall) gehören Österreich, Schweden und Polen, möglicherweise auch Ungarn.


In anderen Ländern ist die Kranken- und Rentenversicherung obligatorisch, nicht jedoch die Unfallversicherung, so in Estland, Frankreich, Schweiz, Slowakei und den Niederlanden.


Und schließlich gibt es Länder, allen voran Deutschland, in denen die soziale Sicherheit der Selbstständigen am besten mit dem Begriff „Flickenteppich“ beschrieben ist. Aber auch in den Niederlanden ist die soziale Sicherheit der Selbstständigen löchrig. Zwar genießen sie als „Bürgerversicherte“ obligatorisch den Schutz der ersten, gesetzlichen Säule der Rentenversicherung, aber schon nicht mehr den Schutz der zweiten Säule, der eigentlich „quasi-obligatorisch“ ist – aber eben nur für abhängig Beschäftigte. Vor allem aber sind die Selbstständigen nicht in die gesetzlichen Sicherungssysteme gegen das Risiko der Invalidität und krankheitsbedingter Einkommensausfälle (Krankengeld) einbezogen.


Unterschiedliche Intensität des Schutzes – nach Versicherungs­zweigen

Während die Alterssicherung Selbst­ständiger europaweit keineswegs lückenlos ist, ist sie jedoch im Großen und Ganzen dort, wo sie besteht, verpflichtend.


Im Kontrast dazu steht die Unfallversicherung. Wo es sie nicht gibt, wie z. B. in Estland, kommt die Arbeitgeberhaftung wieder zum Tragen. Einem Selbstständigen nützt dies jedoch nichts.  Selbst Länder, die über diesen Versicherungszweig verfügen, tun sich schwer, die Selbstständigen einzubeziehen. Unter den untersuchten Ländern sind Schweden und Polen am weitesten, da sie sowohl abhängig Beschäftigte wie Selbstständige verpflichtend einbeziehen.

©fotomek - stock.adobe.comPlattform-Arbeiter auf der Suche nachseiner Sozialversicherung

Am anderen Ende der „Skala“ stehen Länder wie Frankreich, Slowakei, die Niederlande und die Schweiz, in denen die Selbstständigen nicht pflichtversichert sind und nicht einmal freiwilligen Zugang haben. Allerdings ist hier zu berücksichtigen, dass in der Schweiz z. B. Uber-Fahrer sozialversicherungsrechtlich als abhängig Beschäftigte gelten und damit auch in der gesetz-lichen Unfallversicherung pflichtversichert sind. In Frankreich dagegen sind zwar nicht die Uber-Fahrer, aber selbstständige, lizensierte Taxi-Fahrer pflichtversichert.  


In der Mitte zwischen den beiden Extremen findet man Länder, die jedenfalls im Großen und Ganzen keine Pflichtversicherung für Selbstständige kennen, aber einen freiwilligen Beitritt ermöglichen. Zu diesen Ländern gehört neben Deutschland auch Finnland. In Deutschland besteht die Besonderheit, dass die einzelnen branchenspezifischen Berufsgenossenschaften per Satzung selbst entscheiden können, welche Gruppen von Selbstständigen sie in die Pflichtver­sicherung aufnehmen. Von dieser Möglichkeit hat die BG Transport und Verkehr Gebrauch gemacht und sowohl die Bereiche „Gütertransport“ und „Personenverkehr“ in die Pflichtversicherung einbezogen. Damit sind z. B. auch Uber-Chauffeure und Deliveroo-Fahrer geschützt.