Magazine ed*
ed* Nr. 01/2024

Gesundheits- und Sozialpolitik
im Wandel der Zeit

Bilanz der letzten fünf Jahre und Blick in die Zukunft

ed* Nr. 01/2024 – Kapitel 2


Als sich Ursula von der Leyen am 16. Juli 2019 um das höchste Amt in der Europäischen Union (EU) bewarb, ahnte niemand, dass ein gutes halbes Jahr später die Corona-Pandemie die ­politischen Pläne der neuen EU-Kommission ordentlich durcheinander rütteln würde. 


Das Jahr 2020 hatte gerade begonnen und die neue EU-Kommission war erst kurze Zeit im Amt, da wurde sie von COVID-19 überrascht. Mit zahlreichen Maßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene hat die EU-Kommission versucht, die COVID-19-Pandemie einzudämmen und die sozioökonomischen Auswirkungen der Pandemie abzufedern. Mit dem Konjunkturpaket NextGenerationEU hat sie schnell reagiert und den Mitgliedstaaten Mittel für den Wiederaufbau Europas in Höhe von 723 Milliarden Euro bereitgestellt. Mit dem Programm SURE (Support to mitigate Unemployment Risks in an Emergency) haben Finanzhilfen in Höhe von insgesamt 100 Milliarden Euro Millionen Menschen vor Arbeitslosigkeit bewahrt. Und mit dem Gesetzespaket zur Europäischen Gesundheitsunion ist schließlich auch der öffentliche Gesundheitsschutz ein gutes Stück europäischer geworden. Nicht zuletzt durch die gemeinsame Beschaffung von Impfstoffen gegen COVID-19 ist die EU zum wichtigen Akteur in der Gesundheitspolitik geworden. Dass von der Leyen besondere Ambitionen in gesundheits- und sozialpolitischer Hinsicht hat, hatte sie frühzeitig mit ihrem Aufschlag für „Europas Kampf gegen den Krebs“ Anfang Februar 2020 zu erkennen gegeben.

Leitlinien der EU-Kommission 2019 bis 2024

Bemerkenswert ist, dass die EU-Kommission trotz der plötzlichen Herausforderung durch die Pandemie ihre Pläne zielgerichtet weiterverfolgt hat. Ihre großen Leitlinien sind,


  • bis zum Jahr 2030 die Treibhausgasemissionen um mindestens 55 Prozent zu senken und die EU bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu machen (Grüner Deal).
  • den notwendigen Strukturwandel in ökologischer Hinsicht sicherzustellen und sozial gerecht zu gestalten (Gerechter Übergang). 
  • die Möglichkeiten der Digitalisierung, großer Datenmengen und Künstlicher Intelligenz (KI) verantwortlich zu nutzen (Digitale Dekade).


In diesen Bereichen hat die EU-Kommission in den vergangenen Jahren einiges auf den Weg gebracht.

Bewältigung der Herausforderungen durch den Klimawandel

Klimawandel und soziale Gerechtigkeit gehören zusammen. Die Veränderung des Klimas hat bereits heute Auswirkungen auf verschiedene Lebensbereiche und auch auf die Arbeitswelt. UV-Strahlung, Unwetter und Hitzestress sowie zunehmende Belastungen durch Staub, Pollen und tropische Insekten stellen die Sozialversicherung vor neue Anforderungen. Dabei gilt es, besonders benachteiligte Gruppen nicht aus dem Blick zu verlieren. So spüren etwa Fabrikangestellte, Landwirtinnen und Landwirte oder Menschen in prekären Lebensverhältnissen die Folgen des ­Klimawandels besonders schnell. Gleichzeitig trifft diese Gruppen eine nicht zu Ende gedachte Klimapolitik unverhältnismäßig stark. Mit der Einrichtung des Klimasozialfonds hat die EU-Kommission ein erstes Instrument geschaffen, um den Übergang zur Klimaneutralität sozial zu gestalten. Auch die Sozialversicherungen sehen ihre Verantwortung, ihren Klimafußabdruck zu reduzieren und ihre Versorgungsaufgaben an die veränderten Bedingungen anzupassen. Sei es in der medizinischen und pflegerischen Versorgung von Kranken, in der Prävention oder beim Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Hitze, Strahlung und neuen Arbeitsplatzrisiken sowie in der Rehabilitation. Auf der Jubiläumsveranstaltung der DSV wurden diese Herausforderungen intensiv diskutiert.