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ed* Nr. 02/2022

Der Datenaustausch über MyHealth@EU – Was verbirgt sich dahinter? 

Seit mehr als sieben Jahren arbeiten eine Reihe von Mitgliedstaaten freiwillig daran, die Grundlage für den Austausch von medizinischen Informationen in der EU zu schaffen.

ed* Nr. 02/2022 – Kapitel 3

Die Dateninfrastruktur MyHealth@EU wurde 2015 ins Leben gerufen, damals noch unter dem Namen eHealth Digital Service Infrastructure (eHDSI). Über MyHealth@EU werden personenbezogene Gesundheitsdaten sicher und effizient innerhalb der EU ausgetauscht. Die Schnittstellen zu den jeweiligen nationalen Systemen bilden dabei nationale Kontaktstellen für elektronische Gesundheitsdienste (NCPeH); in Deutschland ist das die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland des GKV-Spitzenverbandes. 

MyHealth@EU-Dateninfrastruktur

Quelle: Eigene Darstellung

Inzwischen beteiligen sich zehn Mitgliedstaaten aktiv an dem Austausch von eRezepten und ePatientenkurzakten über MyHealth@EU. Mit dem digitalen eRezept können die Versicherten nicht nur auf nationaler Ebene profitieren, sondern auch schon die verschriebenen Arzneimittel im Nachbarland in der Apotheke bekommen. Die ePatientenkurzakte – nicht zu verwechseln mit der kompletten ePatienten­akte2 – enthält alle notfallrelevanten Informationen eines Versicherten, zum Beispiel Hinweise zu Vorerkrankungen oder Allergien. Der erste Austausch eines eRezepts fand im Januar 2019 zwischen Estland und Finnland statt. Auch sieben Jahre nach Projektstart gibt es noch Unterschiede hinsichtlich der Intensität des Austauschs. So können derzeit noch nicht alle teilnehmenden Mitgliedstaaten gleichermaßen eRezepte und e­Patientenkurzakten ins Ausland senden und in Empfang nehmen. Zudem variiert jeweils die Anzahl der bereits an die Dateninfra­struktur integrierten Apotheken und Krankenhäuser.3 Bisher wurden insgesamt rund 66.700 eRezepte und 1.800 e­Patientenkurzakten in der EU ausgetauscht. Deutschland möchte 2023 in der Lage sein, zumindest ePatientenkurzakten austauschen zu können. 


Mit dem EHDS sollen bis zum Jahr 2025 alle Mitgliedstaaten an die MyHealth@EU-Dateninfrastruktur verpflichtend angebunden sein. Darüber hinaus sollen perspektivisch weitere Daten ausgetauscht werden, wie Laborberichte, medizinische Bilder und Entlassberichte. Hierzu sieht der EHDS vor, dass einheitliche Regelungen zur Standardisierung und Inter­operabilität festgelegt werden.

Im Zentrum steht die europäische Patientenakte

Das zentrale Instrument für den Primärdatenaustausch ist die europäische Patientenakte (EHR). Bis 2025 sollen nach dem Wunsch der Europäischen Kommission alle Bürgerinnen und Bürger in der EU Zugang zu ihrer EHR haben und ihre Gesundheitsdaten auch grenzüberschreitend zur Verfügung stellen können. Hierfür ist ein einheitliches Austauschformat im Rahmen des EHDS verpflichtend vorgesehen. Durch ein Selbstzertifizierungssystem sollen EHR-Systeme nachweisen, dass sie die Anforderungen an Interoperabilität und Sicherheit erfüllen, um Fragmentierungen und Ungleichheiten beim Zugang zu elektronischen Gesundheitsdiensten und bei der Datenübermittlung zu vermeiden. Geht es nach dem Willen der Europäischen Kommission, sollen künftig auch Daten aus Wellness-Anwendungen, wie beispielsweise Fitnessarmbändern, in die Patienten­akten eingespeist werden können. Welche Auswirkungen dies auf die Datenqualität hat, wird kontrovers diskutiert. Ärztinnen und Ärzte ziehen für ihre Behandlungsentscheidungen Daten der EHR hinzu und müssen sicher sein können, dass die Daten valide sind. Wellness-Apps werden nicht in dem Maße reguliert, wie Medizinprodukte. Es gibt ein großes Fehlerpotential bei der Aufzeichnung von Daten.