Gesundheitsdaten sammeln und austauschen – Chancen für Europa
„Daten sind das neue Gold.“ Dieser Spruch wird immer häufiger mit dem digitalen Zeitalter in Verbindung gebracht, wenn es um das Sammeln und Verwenden von Daten geht.
ed* Nr. 02/2022 – Kapitel 2
Die Grundzüge des EHDS
„Daten sind das neue Gold.“ Dieser Spruch wird immer häufiger mit dem digitalen Zeitalter in Verbindung gebracht, wenn es um das Sammeln und Verwenden von Daten geht. Die Europäische Kommission hat schon vor langer Zeit erkannt, dass man aus Daten einen enormen Mehrwert schöpfen kann. Nach ihren Schätzungen wird das Datenvolumen weltweit im Jahr 2025 im Vergleich zu 2018 um 530 Prozent ansteigen.1 Und sie möchte diesen kontinuierlich wachsenden Datenschatz heben. Wie sie dies umsetzen möchte, hat die Europäische Kommission im Februar 2020 in ihrer europäischen Datenstrategie erläutert. Ziel ist es, einen einheitlichen europäischen und branchenübergreifenden Markt für Daten zu schaffen, der sich auf europäische Regeln und Werte stützt. In diesem Zuge sollen neun sektorenspezifische Datenräume geschaffen werden, unter anderem in den Bereichen Gesundheit, Mobilität, Energie, Finanzen oder Industrie.
Primär- und Sekundärdatennutzung
Begonnen wird mit dem Gesundheitsbereich und der Idee, einen EHDS aufzubauen, in dem genau geregelt wird, wann, wie und wofür Daten gesammelt und ausgetauscht werden können. Den Bürgerinnen und Bürgern soll dabei der Zugriff auf ihre Daten ermöglicht werden. Das Ziel ist, die Gesundheitsversorgung in der EU zu verbessern.
Am 3. Mai 2022 hat die Europäische Kommission ihre Idee für einen EHDS vorgestellt. Dabei geht es um eine sinnvolle Zusammenführung und grenzüberschreitende Nutzung von Gesundheitsdaten für Forschung, Innovationen, Politikgestaltung und gesundheitliche Versorgung.
Um dies zu ermöglichen, müssen einige Herausforderungen bewältigt werden. So muss sich der EHDS gut in die bereits bestehenden nationalen Gesundheits- und Sozialstrukturen einfügen. Diese unterscheiden sich in den Mitgliedstaaten stark, zum Beispiel beim Digitalisierungsniveau, den technischen Governance-Strukturen und den datenschutzrechtlichen Konventionen. Während in Deutschland etwa das elektronische Rezept (eRezept) ab September erst schrittweise eingeführt wird, wird es in Finnland bereits seit 15 Jahren genutzt. Eine europäische Angleichung dieser nationalen Strukturen und Standards ist aufwändig.
Zwei Regelungsbereiche unter einem Dach
Mit ihrem Verordnungsentwurf stellt die Europäische Kommission zwei unterschiedliche Regelungsbereiche unter eine Gesetzesinitiative und unterscheidet zwischen Primär- und Sekundärdatennutzung.
Zugriff auf Behandlungsdaten
In einem ersten Schritt sollen Patientinnen und Patienten das Recht haben, überall in der EU auf ihre Behandlungsdaten elektronisch zugreifen und ihren behandelnden Ärztinnen und Ärzten verfügbar machen zu können. Dies kann für Patientinnen und Patienten große Vorteile haben. So soll zum Beispiel eine Ärztin in Tschechien, die einen portugiesischen Patienten behandelt, auf seine grundlegenden Gesundheitsinformationen zugreifen können. Auch eine deutsche Patientin, die sich auf einer Auslandsdienstreise in Helsinki befindet, soll ihre verschreibungspflichtigen Medikamente in einer finnischen Apotheke erhalten können. Rezepte sollen dafür europaweit digital abrufbar und einlösbar sein. Durch diese Harmonisierung sollen nicht nur die Kosten des Gesundheitsdatenverkehrs in der EU gesenkt, sondern auch die grenzüberschreitende Mobilität in Europa gestärkt und vor allem die Qualität der Gesundheitsversorgung der Bürgerinnen und Bürger erhöht werden.
Hierfür sollen Patientinnen und Patienten Zugang zu ihren elektronischen Gesundheitsdaten erhalten. Leistungserbringende, wie Ärztinnen und Ärzte oder Krankenhäuser, müssen an eine interoperable Dateninfrastruktur angebunden sein, Daten in ihrer Landessprache lesen und Datensätze hinzufügen können. Beim Einlösen von eRezepten müssen sich Patientinnen und Patienten identifizieren und Mitarbeitende in Apotheken die im Ausland ausgestellten Rezepte einlesen können. Die interoperable Datenstruktur besteht grundsätzlich schon in dem Projekt MyHealth@EU. Sie ist auch von einigen Mitgliedstaaten erprobt worden, sodass der EHDS auf diese Struktur aufsetzen kann. Der freiwillige Datenaustausch über MyHealth@EU soll mit dem EHDS für alle Mitgliedstaaten verpflichtend werden.