Magazine ed*
ed* Nr. 02/2022

Europäische und nationale Infrastrukturen müssen harmonieren 

Der EHDS wird die laufende Umsetzung der nationalen Patientenakten sowie die Weiterentwicklung und den Ausbau der nationalen Telematikinfra­strukturen stark beeinflussen.

ed* Nr. 02/2022 – Kapitel 4

Der Ansatz der Europäischen Kommission, in der Patientenakte die gesamte Primärdokumentation sämtlicher Leistungserbringer sowie die Daten der Krankenkassen verfügbar zu machen, ist sehr weitgehend. Er steht im Widerspruch zum Vorgehen in Deutschland, wo nur ausgewählte Informationen Eingang in die Patien­tenakte finden sollen. Über deren Freigabe entscheiden zudem die ­Patientinnen und die Patienten selbst. Eine konkrete Opt-Out-Regelung und damit die Möglichkeit, der Datennutzung zu widersprechen, ist im Verordnungsentwurf nicht vorgesehen. 


Problematisch ist des Weiteren, die Daten zur Leistungsinanspruchnahme – dies sind insbesondere ­eRezepte – der primären Datennutzung zuzuführen. Dadurch werden nationale Regelungen auf die europäische Ebene gehoben. Da auf EU-Ebene jedoch nationale Besonderheiten zur Verordnung von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln sowie anderen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht berücksichtigt werden können, besteht das Risiko, dass die Versorgung in den Mitgliedstaaten beeinträchtigt wird, indem leistungsrechtliche Anpassungen erzwungen werden.


Darüber hinaus werfen die Vorschläge der Europäischen Kommission auch Fragen in Bezug auf die Nutzbarkeit bislang getätigter Investition, der Anpassung von Technik, Prozessen, Formaten und Standards – auch in Bezug auf die nationale Telematik­infrastruktur – auf. Angesichts solcher Baustellen muss davon ausgegangen werden, dass der Weg zu einer politischen Einigung zum EHDS von langwierigen und schwierigen Verhandlungen begleitet sein wird.