Magazine ed*
ed* Nr. 01/2023

Klima­wandel – eine Frage sozial­poli­ti­scher Gerech­tig­keit?

Der Übergang zu einer klima­neu­tralen Gesell­schaft bringt große soziale Heraus­for­de­rungen für bestimmte Bevöl­ke­rungs­gruppen mit sich, insbe­son­dere für dieje­nigen, die sich bereits in einer prekären Lage befinden oder davon bedroht sind. Menschen mit nied­rigem sozialen Status sind in ihrem Lebens-, Wohn- und Arbeits­um­feld stärker den Auswir­kungen des Klima­wan­dels ausge­setzt.

ed* Nr. 01/2023 – Kapitel 4

Sie sind vermehrt von chronischen Krankheiten und Beschwerden betroffen, können ihre eigene Gesundheit und gesundheitsbezogene Lebensqualität schlechter einschätzen und haben ein erhöhtes vorzeitiges Sterberisiko.1 Ein Nicht-Tätigwerden im Bereich der Klima- und Umweltpolitik würde sich deswegen vor allem auf den Lebensstandard, die Gesundheit und das Wohlbefinden von schutzbedürftigen Gruppen auswirken.2


Die in vielen Mitgliedstaaten getroffenen Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele wie beispielsweise Lenkungssteuern – hierzu zählen die Bepreisung des CO2-Ausstosses und höhere thermische Gebäudestandards – wirken sich stärker auf einkommensschwache Haushalte aus. Diese geben anteilig mehr von ihrem Einkommen für Energie aus und ein Anstieg der CO2-Preise belastet sie verhältnismäßig stärker. Ihre Möglichkeiten, das Konsumverhalten anzupassen oder in eine energetisch bessere Wohnung umzuziehen, sind eingeschränkt. Sie verfügen zudem häufig nicht über die finanziellen Ressourcen, um steuerliche Anreize oder staatliche Prämien in Anspruch zu nehmen.


Gleichzeitig sind ihre Haushaltsmitglieder bereits stärker als der Durchschnitt der Bevölkerung von den direkten ­Folgen des Klimawandels betroffen. Sie gehen oft Beschäftigungen nach, die den Umweltbedingungen ausgesetzt sind, wie etwa im Bausektor. Für diese Haushalte haben Güter des täglichen Bedarfs, die sich bei Preisschwankungen schlecht durch andere Produkte substituieren lassen, eine viel höhere Bedeutung. Klimapolitische Fragen gehen somit oft mit Fragen der sozialen Gerechtigkeit einher. Sie sind daher eng mit Arbeitsschutz, Prävention, Pflege, medizinischer Versorgung sowie einer angemessenen Alterssicherung verbunden.

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