Magazine ed*
ed* Nr. 02/2018

Herausforderungen für die
Sozialversicherungsträger

ed* Nr. 02/2018 – Kapitel 7

Für die gesetzliche Renten-, Unfall- und Krankenversicherung wäre die beste Option für die Zukunft eine unveränderte Weitergeltung des EU-Rechts auf unbestimmte Zeit. Unabhängig davon, welche Lösung am Ende zustande kommt, wäre es wichtig, sich so nahe wie möglich an dem bisherigen EU-Recht zu orientieren. 

Viele Fragen können deswegen erst im Zeitverlauf auf der Grundlage noch zu erarbeitender vertraglicher Regelungen beantwortet werden. Wie werden z. B. Renten mit deutschen und britischen und ggf. weiteren Zeiten eines europäischen Mitgliedstaats Bestand haben? In welcher Weise werden bereits zurückgelegte britische Versicherungszeiten künftig berücksichtigt? In welcher Weise werden Ansprüche und Anwartschaften gewahrt bleiben? Wie werden Expositionen bei Berufskrankheiten oder Arbeitsunfällen in der Unfallversicherung im jeweils anderen Staat berücksichtigt werden?  

 

Andererseits bestehen umfassende Erfahrungen im Umgang mit Sachverhalten aus den Beziehungen zu Nicht-EU-Staaten, die dann auf das Verhältnis zum Nicht-EU-Staat Großbritannien angewendet werden können. Für die Einschätzung der künftig entstehenden Prozesse und Strukturen kann man sich somit an bestehenden Vereinbarungen mit anderen Drittstaaten orientieren.  

 

Der aktuelle Verfahrensstand und die voraussichtlichen Folgen des Brexits sind von Unsicherheit geprägt, was den Ablauf des Brexits überhaupt und die Ausgestaltung der Beziehungen zum Vereinigten Königreich danach betrifft. Nach der Devise „Nichts ist vereinbart, bis alles vereinbart ist“ kann sich im Laufe der Verhandlungen noch viel ändern. Festhalten kann man derzeit nur: Bis zum Brexit-Stichtag, dem 29. März 2019, ändert sich für die Sozialversicherungen praktisch nichts. 

 

Ob eine Übergangsphase vom 30. März 2019 bis zum 31. Dezember 2020 mit der angestrebten weitgehenden Verlängerung des Status quo kommt, ist unsicher, weil die Übergangsphase mit dem Austrittsabkommen insgesamt verbunden ist. Sollte es jedoch dazu kommen, werden die großen Veränderungen erst im Jahr 2021 eintreten. Ohne weitere Regelung wäre das Vereinigte Königreich, abhängig von der Geltung bestehender Sozialversicherungsabkommen, entweder ein Vertragsstaat oder vertragsloses Ausland („Drittstaat“). Die Beziehungen können durch bilaterale oder multilaterale Vereinbarungen oder durch Regularien von Organisationen, in denen gemeinsame Mitgliedschaften bestehen (wie z. B. der Welthandelsorganisation), geregelt werden. Die Diskussionen über solche künftigen Beziehungen wurden bereits aufgenommen, jedoch ist der Abschluss eines Abkommens über die künftigen Beziehungen erst möglich, wenn das Vereinigte Königreich nicht mehr Mitglied der Europäischen Union ist.  

 

Ziel der deutschen Sozialversicherung ist es, den für viele Versicherte mit Unsicherheit verbundenen Brexitprozess durch aktuelle Informationen und praktische Hinweise zu begleiten.