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ed* Nr. 02/2021

Renten – der Blick in die Zukunft 

ed* Nr. 02/2021 – Kapitel 5

Der Blick in die Zukunft verheißt wenig Erfreuliches, jedenfalls was die Leistungsseite angeht. Der Angemessenheitsbericht warnt unzweideutig vor einem Absinken des Rentenniveaus. Wer im Jahr 2059 in Rente geht, wird im Verhältnis zu seinem Erwerbseinkommen eine niedrigere Rente haben als ein Neurentner im Jahr 2019 – bei gleicher Erwerbskarriere. Zwar geht der Bericht von künftig längeren Erwerbsverläufen aus, diese blieben aber hinter dem Anstieg des gesetzlichen Rentenalters zurück. Methodisch fußt diese Aussage auf einem Vergleich der theoretischen Ersatzraten1


Heute (2019) liegt die Netto-Ersatzrate (unter Berücksichtigung der Steuern) im Fall Deutschlands bei 57,8 Prozent und damit im unteren Bereich, gegenüber dem Spitzenreiter Niederlande mit über 100 Prozent. In Zukunft – bis zum Jahr 2059 – soll das Niveau in vielen Mitgliedstaaten drastisch absinken, während es in Deutschland leicht steigen soll. Erweitert man den Horizont bis auf das Jahr 2070 und wählt als Maßstab das Verhältnis der Durchschnittsrenten zu den Durchschnittslöhnen, so ergibt sich in fast allen Mitgliedstaaten ein Rückgang, und zwar um durchschnittlich circa 9,5 Prozentpunkte.


Große Aufmerksamkeit widmet der Bericht der Kluft zwischen dem gesetzlichen und dem tatsächlichen Renteneintrittsalter. Sie soll sich im EU-Durchschnitt verdoppeln, von heute einem auf zwei Jahre. Davon zu unterscheiden ist die Kluft zwischen dem tatsächlichen Renteneintrittsalter und dem tatsächlichen Ausscheiden aus dem Arbeitsmarkt. Nimmt man beide Effekte zusammen, vergrößert sich die Differenz um ein knappes weiteres Jahr.


Blickt man nun auf das Alter, in dem die Menschen tatsächlich ihr Arbeitsleben beenden, ergibt sich folgendes Bild:  Im EU-Durchschnitt sind dies heute 63,8 Jahre für Männer und 63,0 Jahre für Frauen. Die Projek­tionen für das Jahr 2070 gehen von einem Anstieg auf 65,4 respektive 64,8 Jahre aus. Besondere Aufmerksamkeit widmet der Altersbericht dem Thema der Mindest- und Grundrenten einschließlich gezielter Leistungen zum Schutz vor Altersarmut. Die Ausgaben hierfür bewegen sich allerdings mit wenigen Ausnahmen in einem Bereich deutlich unter einem Prozentpunkt, gemessen am BIP. Dies wird damit erklärt, dass in vielen Ländern Minimumrenten zusammenfallen mit allgemeinen ­Sozialhilfeleistungen, die ihrerseits nicht in den Projektionen enthalten sind.


Auf der Kostenseite wird der Blick vor allem auf die Entwicklung des Anteils der öffentlichen Rentenausgaben im Verhältnis zum BIP geworfen. Dem liegt ein recht weites Verständnis „öffentlicher Rentenausgaben“ zugrunde. In Übereinstimmung mit den Regeln der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung fallen alle Systeme hierunter, für die der Staat die finanzielle Letztverantwortung übernimmt. Einbezogen sind daher auch Mindest- und Grundrenten für diejenigen, die nicht genügend einkommensbezogene Anwartschaften erworben haben, nicht aber Leistungen aus den allgemeinen Sozialhilfesystemen.  Auch Sondersysteme wie die für Beamte fallen hierunter sowie vorgezogene Renten, Hinterbliebenen- und Erwerbsminderungsrenten.


Wie oben dargestellt, würde nach der Projektion der Anteil der Rentenausgaben nach einem vorübergehenden Anstieg bis zum Jahr 2070 wieder auf das heutige Niveau zurückfallen. Konkret: Die Ausgaben sollen gemessen am BIP im Durchschnitt von 11,6 Prozent auf 11,7 Prozent leicht steigen. Im Fall Deutschlands wäre der Anstieg mit zwei Prozentpunkten deutlich stärker. Dabei handelt es sich allerdings um Bruttoausgaben. Berücksichtigt man, dass auf Renten oft Steuern und Sozialabgaben erhoben werden, so erhält man die Nettoausgaben. Diese sind im europäischen Schnitt 1,5 Prozentpunkte niedriger. Deutschland gehört zu den Ländern, in denen der Steueranteil am stärksten ansteigen wird.