Bundestagswahl 2025

Welche Rolle schreiben die deutschen Parteien Europa zu?

HS – 01/2025

Wenn Deutschland am 23. Februar einen neuen Bundestag wählt, steht auch in Brüssel einiges auf dem Spiel. Nicht nur sind stabile Regierungen insbesondere der großen Mitgliedstaaten wichtig, damit die Europäische Union (EU) stark auftreten kann. Auch hat Deutschland in der vergangenen Zeit wegen Uneinigkeiten in der Regierungskoalition interne Abläufe gestört und so Entscheidungsfindungen im Rat erschwert. Die Wahlprogramme zeigen, dass sich die Parteien der Mitte in ihrer proeuropäischen Ausrichtung einig sind, aber unterschiedliche Schwerpunkte setzen.

SPD spricht sich für eine nach außen starke EU aus

Die SPD setzt in ihrem Wahlprogramm insbesondere auf die EU-Außen- und Verteidigungspolitik. Europa müsse mit einer Stimme sprechen, um weltweit seine Werte und Interessen durchzusetzen. Sie befürwortet eine europäische Verteidigungsunion, eine starke europäische Verteidigungsindustrie und Rüstungsexportpolitik. Was die Zusammenarbeit mit anderen Mitgliedstaaten betrifft, möchte die SPD vor allem das Weimarer Dreieck (Deutschland, Frankreich und Polen) als Motor nutzen, um neue Projekte anzustoßen. Außerdem spricht sich die SPD für Vertragsreformen aus, um das Einstimmigkeitsprinzip im Rat abzuschaffen und ein Initiativrecht für das Europäische Parlament einzuführen.

Mehr Europa nur in ausgewählten Bereichen bei der CDU/CSU

Das CDU/CSU-Wahlprogramm sieht vor, mehr Europa nur dort zu wagen, wo es einen deutlichen Mehrwert schafft – zum Beispiel zur Stärkung des Binnenmarkts und der Wettbewerbsfähigkeit, für die Vervollständigung der Energie- und Kapitalunion sowie zur Verfolgung ehrgeiziger Ziele in den Bereichen Klimaschutz, Außenhandel und Migration. Andere entbehrliche Aufgaben sollten entfallen und das Prinzip der Subsidiarität konsequent beachtet werden. Außerdem möchten CDU/CSU Bürokratie abbauen und die EU durch Reformen der Institutionen und ihrer Arbeitsweisen handlungsfähig machen.

Plädoyer für ein stärkeres (soziales) Europa bei Bündnis 90/Die Grünen

Bündnis 90/Die Grünen möchte laut Wahlprogramm ein Europa, das soziale Sicherheit garantiert und verbindliche Ziele für eine starke soziale Säule festlegt. Unter anderem dafür sprechen sich die Grünen für eine bessere finanzielle Ausstattung der EU durch neue Eigenmittel aus. Mit Blick auf innereuropäische Zusammenarbeit sehen auch die Grünen im Weimarer Dreieck eine wichtige Form der Zusammenarbeit, um die EU voranzubringen. Das Ziel ist eine Föderale Europäische Republik mit eigener Verfassung. Die EU und das EU-Wahlrecht sollen reformiert werden, um das Einstimmigkeitsprinzip im Rat abzuschaffen, dem Europäischen Parlament ein Initiativrecht einzuräumen und zukünftig einen Teil der Abgeordneten des Europäischen Parlaments über transnationale Listen zu wählen.

FDP sieht EU-Kommission als „Hauptquelle der Bürokratie“

Das FDP-Wahlprogramm setzt Schwerpunkte zum einen auf den Abbau der überbordenden Bürokratie aus Brüssel – unter anderem durch die Abschaffung von Berichtspflichten im Rahmen des Green Deal – und zum anderem auf die Weiterentwicklung der strategischen Souveränität der EU. Letzteres meint für die FDP eine eigenständige Handlungsfähigkeit im Bereich der Außenpolitik. Dazu zählt auch eine Stärkung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie der europäischen Verteidigungsindustrie.

AfD lehnt die EU in seiner aktuellen Form ab

Die AfD lehnt die EU in ihrem Wahlprogramm in seiner jetzigen Form ab. Sie beobachtet eine „von Brüssel ausgehende illegitime Entdemokratisierung, Zentralisierung, Überregulierung und Planwirtschaft“ und befürwortet deshalb einen Austritt aus der EU. Sie soll ersetzt werden durch eine neue Wirtschafts- und Interessengemeinsaft – den „Bund souveräner Staaten“. Die AfD spricht sich für die Wiedereinführung einer nationalen Währung und einen Austritt aus der EU-Asyl- und Migrationspolitik aus. Gleichzeitig sollen in der neuen Gemeinschaft gewisse Aufgaben, unter anderem der Schutz der EU-Außengrenzen, gemeinsam gestaltet werden.

Für die Linke steht ein soziales und friedliches Europa im Fokus

Das Wahlprogramm der Linken zielt auf eine soziale EU ab, die internationalem Ausgleich verpflichtet ist und Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen hilft. Entsprechend soll mehr öffentliches Geld in Soziales, Bildung, Gesundheit und den klimagerechten Umgang investiert werden. Außerdem soll die soziale Kohäsion eine Priorität der EU-Politik werden, um die Lebensverhältnisse der Bürgerinnen und Bürger EU-weit zu verbessern. Mit Blick auf Reformen möchte die Linke, dass das Europäische Parlament das Initiativrecht bekommt, und dass EU-weite Volksbegehren und Volksentscheide ermöglicht werden.

BSW möchte zurück zu friedensichernden Kernaufgaben der EU

Das BSW spricht sich in seinem Wahlprogramm gegen EU-Bürokratie, Zentralisierung von Macht bei der Europäischen Kommission und die Aufnahme neuer Mitgliedstaaten aus. Vielmehr sollten Kompetenzen in die Mitgliedstaaten zurückverlagert werden, da unter anderem soziale Errungenschaften besser auf nationaler Ebene geschützt werden könnten. Entsprechend lehnt das BSW eine tiefere Integration in Richtung eines europäischen Bundesstaates ab. Die EU solle sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren, darunter die Herstellung einer digitalen Souveränität.

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